Немецкий язык профессионально-делового общения. Овчинникова О.М. - 78 стр.

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Aufgabe 10
Über sich sprechen
A. Lesen Sie den Auszug aus der Studie von Helga Koffhoff, wo sie die Selbst- und
Fremddarstellung der Antragstellenden aus den ehemaligen Sowjetrepubliken im
Genre des Stipendienantrags analysiert.
Bewerbungen um ein Stipendium erfolgen schriftlich und es sind ihnen erforderliche
Unterlagen wie Lebenslauf, Zeugnisse und Gutachten beizufügen. Diese sehr spezifische
Textkonstellation verschiedener Textsorten im Verhältnis zueinander ist ein wichtiges
Charakteristikum der Gattung Stipendienantrag. Bewerbungen um Stellen und Stipendien
setzen Bildungs- und Erfahrungszertifikate voraus. Dabei fungieren Noten und Abschlüsse als
sachorientierte Eignungsausweise, liegen dem Antrag bei und sprechen für sich.
Daneben enthalten viele Antragsformulare Rubriken, in denen man sein Projekt, seine
Interessen, Arbeitsschwerpunkte, Vorlieben und auch seine Sicht der betreuenden Institution
darstellt.
Die von der Autorin durchgeführte Analyse von 132 anonymisierten Anträgen auf
mehrmonatige Stipendien im postgraduierten Bereich an deutschen Hochschulen hat viele
problematische Positionierungen im Motivationsteil vieler Anträge ans Licht gebracht.
Einige Antragsteller(innen) bringen bei der Charakterisierung ihres Arbeitsgebiets ein
allgemeines Lob deutscher Leistungen unter, das von der im Westen vorherrschenden
Sachorientierung des Wissenschaftsbetriebs weit entfernt ist. Diese Antragsteller(innen)
positionieren deutsche Kollegen allgemein als gre Spezialisten, bei denen sie in die Lehre
gehen wollen. Einige übermitteln explizit Dank an den AAA (Pseudonym für die
Organisation) als weltweit bekannter Organisation, von welcher gefördert zu werden eine
Ehre sei. In vielen Kulturen gilt es als höflich, sich selbst zu erniedrigen und das Gegenüber
zu erhöhen, was hier geschieht. Die Würdigung des AAA und der deutschen Kolleg/inn/en
wird als „face-work“ betrieben, birgt aber die Gefahr einer nicht gattungsadäquaten
Selbstpositionierung in sich.
Der von vielen nichtmuttersprachlichen Antragstellern formulierte Wunsch, ein Spezialist zu
werden, muss nicht explizit geäußert werden, weil man ihn besser implizit über fachliche
Interessen und Kompetenzen ausweist. Das setzt man bei zukünftigen Stipendiat(inn)en
sowieso voraus.
Die inadäquate Selbstpositionierung kommt auch darin zum Ausdruck, dass viele Bewerber
das allgemeine Deutschlandslob mit Hilfsappell kombinieren, so dass die wissenschaftliche
Förderung als Entwicklungshilfe gerahmt wird. Das eigene Land und der eigene
Arbeitsbereich werden dabei als defizitär und hilfsbedürftig ausgewiesen.
Es wird vielen Anträgen begegnet, aus denen fast nur Kenntnis der Primärliteratur hervorgeht,
kaum aber der Sekundärliteratur. Anerkannte Internet-Publikationen finden sich bislang so
selten in den Anträgen, dass man neben dem mangelnden Bewusstsein für Methodenreflexion
auch von Wissensmängeln bezüglich des Internets als Ressource ausgehen muss.