Типология художественных текстов. Быкова О.И. - 23 стр.

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es, das Eigentümliche der gesellschaftlichen Bewegung jeweils adäquat und
kritisch abzubilden. Sie zeichnet sich durch einen relativ geringen Umfang aus
und konzentriert sich nur auf eine beschränkte Zahl der Figuren, oft auf eine
einzige, und nur auf eine Begebenheit, auf ein einzelnes Ereignis, das in den
Mittelpunkt des Geschehens tritt. So wird am Einzelfall das Allgemeine
sichtbar.
Die Novelle unterliegt drei Gesetzen: dem Gesetz der Ersparung, der
motivischen Einheit und der Verschmelzung.
Zum Unterschied der Novelle vom Roman. Es gibt zwei
Grundmöglichkeiten epischer Welterfassung: die novellistische und die
romanhafte; sie beruhen auf den verschiedenen Möglichkeiten, Mensch und
Welt darzustellen: Synthesis und Analysis, Intensität und Extensität,
Eingliederung und Ausgliederung. Das Leben wird jeweils wie durch einen
Hohlspiegel gesehen: das Große klein oder das Kleine groß. Diese beiden
Grundmöglichkeiten entsprechen den beiden Gattungsarten Roman und Novelle
oder gleichsam Konvexspiegel und Konkavspiegel. Was das Gesetz der
Ersparung betrifft, so läßt es sich hervorheben, daß die Novelle einen
bestimmten Zeitraum umfaßt und der Handlungsort nur erwähnt wird. Der
Roman müßte jedoch die Landschaft, die Gesellschaft, die wirtschaftlichen
Verhältnisse ausmalen. Der Roman muß das Psychologische entfalten, die
Novelle rafft es zusammen und wird auf diese Weise poetisch wirksam: die
Vielfalt des menschlichen Lebens wird in einem bildhaft-konkreten Einzelzug
zusammengezogen. Der Roman schildert die Erregung der Menschen und ihre
Seelenzustände, die Novelle faßt alldies in ein Symbol zusammen. Zum Gesetz
der motivischen Einheit sei folgendes betont. Der Roman knüpft die
Schicksalsfäden in der – gelegentlich nur schwer überschaubaren – Fülle, die
motivische Einheit der Novelle verlangt die Herauslösung des Einzelschicksals
aus der Schicksalsverflechtung. Die Novelle gestaltet also nur ein
Einzelschicksal (oder die Schicksale einiger weniger Personen), der Roman –
ein Schicksalsgeflecht. Die motivische Einheit der Novelle besteht in der
gehaltlichen und stofflichen Einheitlichkeit des Dargestellten, in der stilistischen
Synthesis. Der Roman kennt eine solche Einheit nicht, sein Wesen besteht
vielmehr darin, daß viele gleichbedeutende Situationen in ein harmonisches
Verhältnis gebracht werden.
Das Gesetz der Verschmelzung oder der Zuspitzung kann sich in
verschiedenen Möglichkeiten und Extremen ausdrücken. Im Roman werden die
Gegensätzlichkeiten in ein logisches, systematisches und «ganzes» Weltgebäude
gebracht und dort vereinigt. Im Roman herrscht das Gesetz der Abrundung; in
der Novelle das der Zuspitzung. Jede Novelle besitzt eine solche Pointe.
Für den Bau der Handlung in der Novelle ist die Zuspitzung auf den
Höhepunkt charakteristisch; alle Punkte der Handlung weisen auf diesen
Höhepunkt; der Schriftsteller verweilt nicht bei dem Schicksal von
Nebengestalten, obwohl eine gewisse Selbständigkeit einzelner Teile –
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es, das Eigentümliche der gesellschaftlichen Bewegung jeweils adäquat und
kritisch abzubilden. Sie zeichnet sich durch einen relativ geringen Umfang aus
und konzentriert sich nur auf eine beschränkte Zahl der Figuren, oft auf eine
einzige, und nur auf eine Begebenheit, auf ein einzelnes Ereignis, das in den
Mittelpunkt des Geschehens tritt. So wird am Einzelfall das Allgemeine
sichtbar.
      Die Novelle unterliegt drei Gesetzen: dem Gesetz der Ersparung, der
motivischen Einheit und der Verschmelzung.
      Zum Unterschied der Novelle vom Roman. Es gibt zwei
Grundmöglichkeiten epischer Welterfassung: die novellistische und die
romanhafte; sie beruhen auf den verschiedenen Möglichkeiten, Mensch und
Welt darzustellen: Synthesis und Analysis, Intensität und Extensität,
Eingliederung und Ausgliederung. Das Leben wird jeweils wie durch einen
Hohlspiegel gesehen: das Große klein oder das Kleine groß. Diese beiden
Grundmöglichkeiten entsprechen den beiden Gattungsarten Roman und Novelle
oder gleichsam Konvexspiegel und Konkavspiegel. Was das Gesetz der
Ersparung betrifft, so läßt es sich hervorheben, daß die Novelle einen
bestimmten Zeitraum umfaßt und der Handlungsort nur erwähnt wird. Der
Roman müßte jedoch die Landschaft, die Gesellschaft, die wirtschaftlichen
Verhältnisse ausmalen. Der Roman muß das Psychologische entfalten, die
Novelle rafft es zusammen und wird auf diese Weise poetisch wirksam: die
Vielfalt des menschlichen Lebens wird in einem bildhaft-konkreten Einzelzug
zusammengezogen. Der Roman schildert die Erregung der Menschen und ihre
Seelenzustände, die Novelle faßt alldies in ein Symbol zusammen. Zum Gesetz
der motivischen Einheit sei folgendes betont. Der Roman knüpft die
Schicksalsfäden in der – gelegentlich nur schwer überschaubaren – Fülle, die
motivische Einheit der Novelle verlangt die Herauslösung des Einzelschicksals
aus der Schicksalsverflechtung. Die Novelle gestaltet also nur ein
Einzelschicksal (oder die Schicksale einiger weniger Personen), der Roman –
ein Schicksalsgeflecht. Die motivische Einheit der Novelle besteht in der
gehaltlichen und stofflichen Einheitlichkeit des Dargestellten, in der stilistischen
Synthesis. Der Roman kennt eine solche Einheit nicht, sein Wesen besteht
vielmehr darin, daß viele gleichbedeutende Situationen in ein harmonisches
Verhältnis gebracht werden.
      Das Gesetz der Verschmelzung oder der Zuspitzung kann sich in
verschiedenen Möglichkeiten und Extremen ausdrücken. Im Roman werden die
Gegensätzlichkeiten in ein logisches, systematisches und «ganzes» Weltgebäude
gebracht und dort vereinigt. Im Roman herrscht das Gesetz der Abrundung; in
der Novelle das der Zuspitzung. Jede Novelle besitzt eine solche Pointe.
      Für den Bau der Handlung in der Novelle ist die Zuspitzung auf den
Höhepunkt charakteristisch; alle Punkte der Handlung weisen auf diesen
Höhepunkt; der Schriftsteller verweilt nicht bei dem Schicksal von
Nebengestalten, obwohl eine gewisse Selbständigkeit einzelner Teile –
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