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1986) sagte dazu in einem Interview: “Uns fehlt der Optimismus des 19.
Jahrhunderts, zu glauben, die Welt ließe sich auf fünfhundert Seiten
einfangen; deshalb wählen wir die kurze Form.” Was Borges hier sagt,
drückt Georg Büchner bereits hundert Jahre früher in seiner Erzählung
“Lenz” aus: “Die Dichter, von denen man sage, sie geben die Wirklich-
keit, hätten auch keine Ahnung davon; doch seien sie immer noch
erträglicher als die, welche die Wirklichkeit verklären wollen. - Der
liebe Gott hat die Welt gemacht, wie sie sein soll, und wir können wohl
nicht was Besseres klecksen...”
In dieser Haltung steckt auch der Grund dafür, warum die deutsche
Literatur nach 1945 mit der Kurzgeschichte anfangen mußte: Die Jahre
von 1933 bis 1945 hatten alles zerstört, worauf man sich hätte stützen
können, die Stunde Null bestand nur aus Fragezeichen. Wolfgang Bor-
chert (1921–1947), vom Krieg schwer gezeichnet, und Heinrich Böll
(1917–1985) setzen mit der “Trümmerliteratur” Maßstäbe für die litera-
rische Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg. Nationalsozia-
lismus, Krieg und Nachkriegszeit bleiben lange die Hauptthemen der
deutschen Kurzgeschichte. Viele haben auch den Wert einer Dokumen-
tation, wir können in ihne nachlesen: so war es.
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II. DER ZWEITE TEIL MIT DEN TEXTEN
J.W. Goethe
Gefunden
Ich ging im Walde.
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend
,
Wie Äuglein schön
.
Ich wollt`es brechen,
Da sagt´es fein:
“Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?”
Ich grub´s mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich´s
Am hübschen
Haus.
Und pflanzt´es wieder
Am stillen
Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
1. Charakterisieren Sie dieses Gedicht als Genre (Definition, Bau,
Stoffe).
2. Analysieren Sie den Textbau, den Versmaß und den Reim des
Gedichtes “Gefunden”.
3. Formulieren Sie das Thema des Gedichtes “Gefunden”.
1986) sagte dazu in einem Interview: “Uns fehlt der Optimismus des 19. II. DER ZWEITE TEIL MIT DEN TEXTEN Jahrhunderts, zu glauben, die Welt ließe sich auf fünfhundert Seiten einfangen; deshalb wählen wir die kurze Form.” Was Borges hier sagt, J.W. Goethe drückt Georg Büchner bereits hundert Jahre früher in seiner Erzählung Gefunden “Lenz” aus: “Die Dichter, von denen man sage, sie geben die Wirklich- Ich ging im Walde. keit, hätten auch keine Ahnung davon; doch seien sie immer noch So für mich hin, erträglicher als die, welche die Wirklichkeit verklären wollen. - Der Und nichts zu suchen, liebe Gott hat die Welt gemacht, wie sie sein soll, und wir können wohl Das war mein Sinn. nicht was Besseres klecksen...” In dieser Haltung steckt auch der Grund dafür, warum die deutsche Im Schatten sah ich Literatur nach 1945 mit der Kurzgeschichte anfangen mußte: Die Jahre Ein Blümchen stehn, von 1933 bis 1945 hatten alles zerstört, worauf man sich hätte stützen Wie Sterne leuchtend, können, die Stunde Null bestand nur aus Fragezeichen. Wolfgang Bor- Wie Äuglein schön. chert (1921–1947), vom Krieg schwer gezeichnet, und Heinrich Böll (1917–1985) setzen mit der “Trümmerliteratur” Maßstäbe für die litera- Ich wollt`es brechen, rische Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg. Nationalsozia- Da sagt´es fein: lismus, Krieg und Nachkriegszeit bleiben lange die Hauptthemen der “Soll ich zum Welken deutschen Kurzgeschichte. Viele haben auch den Wert einer Dokumen- Gebrochen sein?” tation, wir können in ihne nachlesen: so war es. Ich grub´s mit allen Den Würzlein aus, Zum Garten trug ich´s Am hübschen Haus. Und pflanzt´es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort. 1. Charakterisieren Sie dieses Gedicht als Genre (Definition, Bau, Stoffe). 2. Analysieren Sie den Textbau, den Versmaß und den Reim des Gedichtes “Gefunden”. 3. Formulieren Sie das Thema des Gedichtes “Gefunden”. 49 50
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