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mit hochgelagerten Beinen. Dann würde sie sich aufraffen und in die
Küche gehen.
Im Grunde war es eine Gefälligkeit, was sie tat. Sie erwies gerne Ge-
fälligkeiten, Greta G. war ein gefälliger Mensch. Es gefiel ihr, gefällig
zu sein und damit anderen einen Gefallen zu tun. Es war ihr lieber als
umgekehrt, daß sie jemanden hätte bitten müssen. Sie bat nie. Was sie
bekam, stand ihr zu, und was sie nicht wie selbstverständlich bekam,
darauf erhob sie keinen Anspruch. Wenn jemand ihre Gefälligkeiten
nicht zu schätzen wußte, brauchte sie keine weiteren an ihn zu ver-
schwenden. Sie ging, ohne irgendwelche Vorwürfe. Entweder jemand
verstand, was er an ihr hatte, oder er verstand es nicht, mit Erklärungen
war da nichts auszurichten, weder innerhalb noch außerhalb der Fami-
lie. Greta G. war gefällig, aber sie ließ sich nicht zwingen. Sie half ger-
ne, wenn sie mit einem gewissen Entgegenkommen rechnen durfte, ei-
nem feinfühligen Entgegenkommen. Und sie mußte wohlgelitten sein.
Sobald ihre Anwesenheit auch nur zur geringfügigsten Verstimmung
Anlaß bot, verschwand sie. Sie begehrte nicht auf, sie pflegte zu be-
schämen. Eine Zigarette würde sich noch ausgehen. Sie hielt in der Be-
wegung inne. Ein Schatten, kam ihr vor, war auf die Sandsteinplatten
vor der Tür gefallen, als sei etwas über die Hecke gekommen. Ganz
langsam zog sie die halbausgestreckte Hand wieder an ihren Körper,
schloß die Augen, bis die Form des Schattens sich auf der Innenseite
ihrer Lider von neuem abzeichnete und es sinnlos war, sie weiter ge-
schlossen zu halten. Es schien so unglaubwürdig, obgleich sie oft genug
im Tiergarten gewesen war, um zu wissen, was da stand. Auch wenn es
ihr jetzt größer vorkam, nicht nur gut genährt und in die Höhe geschos-
sen, sondern in einem tatsächlichen Sinn ausgewachsen. Farblich kaum
abgehoben von dem Sandsteinboden, über und unter den Augen ein
kleiner weißer, vor den Augen ein schwarzbrauner Fleck, die Ohren
dunkel gerandet, die Kehle weiß, der Kopf eher grau und am Rücken
der Strich aus schwarzen Grannenhaaren.
Der Puma duckte sich, wobei sein Bauch tief nach unten hing, als
setze er zum Sprung an, legte sich aber stattdessen. Sein Blick fiel auf
sie. Sie glaubte ein kurzes Fauchen zu hören, zu sehen, wie er die Ohren
anlegte und die Lefzen kurz nach oben zog, dann aber schien seine
Miene zu erstarren. Es waren nicht mehr als zehn Schritte bis zu ihm,
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und die Sonne lockte das Rot hervor aus seinem Fell. Kälte stieg in ihr
auf nach der Hitze, und sie sah ihre Hände auf der Zeitschrift liegen,
flach hingestreckt, nicht einmal in Abwehr.
Eine Weile dachte sie nichts, blickte nur, sah und gab das Bild des
Pumas durch die Pupillen zurück. Ihr Atem ging flach, bald würde sie,
einmal wenigstens, tief Luft holen müssen, bevor sie langsam erstickte.
Dann schoß es ihr durch den Kopf. Unverantwortlich! In einem der
Häuser mit Park mußte es Leute geben, die diese Tiere hielten, bis sie
ihnen nicht mehr gewachsen waren und die Tiere entliefen. Davon hatte
sie schon mehr als einmal gehört.
Das Tier lag regungslos, regungslos saß auch sie, beide im Bann ih-
res Schauens. Sie spürte, wie ihre Beine fühllos wurden und die Kälte
ihr bis in die Haarwurzeln kroch. Sie saß in einem Käfig, dessen Tür
geöffnet war, aber sie konnte nicht fliehen.
Sie war etwas kurzsichtig, dennoch glaubte sie zu erkennen, daß die
Pupillen des Pumas rund waren und nicht spindelförmig. Ihre Lidränder
brannten, aber sie konnte die Augen nicht schließen. Ihr war, als wüßte
der Puma ihren Namen, den noch nie jemand ausgesprochen hatte. Er
wußte ihn. Sie aber kannte den seinen nicht. Er würde immer im Vorteil
bleiben. Wenn nicht jemand aus dem Hinterhalt über ihn kam. Es hieß,
daß Raubtiere dem Blick des Menschen nicht standhielten. Wo hatte sie
das nur gelesen? Womöglich in einem dieser elenden Journale, in denen
noch immer etwas über jene einmalige Greta G. stand. Mit abrupter
Bewegung biß der Puma sich ins Fell seiner Pfoten. Dankbar senkte sie
so lange den Blick, wagte es, die Beine vom Stuhl zu nehmen, aber da
ruhte sein Kopf schon wieder, und sie war voll in seinem Gesichtsfeld.
Da dachte sie an das Kind. Das Kind, das bald von der Schule heim-
kommen würde, ahnungslos. Es kannte den Trick mit der Gartentüre,
wie sie von außen zu öffnen war, und wenn es ihm dennoch nicht ge-
lang, kletterte es einfach drüber. Es war eine niedrige Gartentür für Be-
sucher, nicht zum Schutz, mit einer Klingel für den Briefträger, Obwohl
das der Hecke wegen nicht möglich war, sah sie nun das Kind, stellte es
sich haarklein vor, wie es die Treppen heraufkam, die Schultasche von
den Schultern zerrend, um dann durch die Hecke auf die Terrasse zu
kommen, geradewegs auf den Puma zu, der sich bereits nach ihm um-
mit hochgelagerten Beinen. Dann würde sie sich aufraffen und in die und die Sonne lockte das Rot hervor aus seinem Fell. Kälte stieg in ihr Küche gehen. auf nach der Hitze, und sie sah ihre Hände auf der Zeitschrift liegen, Im Grunde war es eine Gefälligkeit, was sie tat. Sie erwies gerne Ge- flach hingestreckt, nicht einmal in Abwehr. fälligkeiten, Greta G. war ein gefälliger Mensch. Es gefiel ihr, gefällig Eine Weile dachte sie nichts, blickte nur, sah und gab das Bild des zu sein und damit anderen einen Gefallen zu tun. Es war ihr lieber als Pumas durch die Pupillen zurück. Ihr Atem ging flach, bald würde sie, umgekehrt, daß sie jemanden hätte bitten müssen. Sie bat nie. Was sie einmal wenigstens, tief Luft holen müssen, bevor sie langsam erstickte. bekam, stand ihr zu, und was sie nicht wie selbstverständlich bekam, Dann schoß es ihr durch den Kopf. Unverantwortlich! In einem der darauf erhob sie keinen Anspruch. Wenn jemand ihre Gefälligkeiten Häuser mit Park mußte es Leute geben, die diese Tiere hielten, bis sie nicht zu schätzen wußte, brauchte sie keine weiteren an ihn zu ver- ihnen nicht mehr gewachsen waren und die Tiere entliefen. Davon hatte schwenden. Sie ging, ohne irgendwelche Vorwürfe. Entweder jemand sie schon mehr als einmal gehört. verstand, was er an ihr hatte, oder er verstand es nicht, mit Erklärungen Das Tier lag regungslos, regungslos saß auch sie, beide im Bann ih- war da nichts auszurichten, weder innerhalb noch außerhalb der Fami- res Schauens. Sie spürte, wie ihre Beine fühllos wurden und die Kälte lie. Greta G. war gefällig, aber sie ließ sich nicht zwingen. Sie half ger- ihr bis in die Haarwurzeln kroch. Sie saß in einem Käfig, dessen Tür ne, wenn sie mit einem gewissen Entgegenkommen rechnen durfte, ei- geöffnet war, aber sie konnte nicht fliehen. nem feinfühligen Entgegenkommen. Und sie mußte wohlgelitten sein. Sie war etwas kurzsichtig, dennoch glaubte sie zu erkennen, daß die Sobald ihre Anwesenheit auch nur zur geringfügigsten Verstimmung Pupillen des Pumas rund waren und nicht spindelförmig. Ihre Lidränder Anlaß bot, verschwand sie. Sie begehrte nicht auf, sie pflegte zu be- brannten, aber sie konnte die Augen nicht schließen. Ihr war, als wüßte schämen. Eine Zigarette würde sich noch ausgehen. Sie hielt in der Be- der Puma ihren Namen, den noch nie jemand ausgesprochen hatte. Er wegung inne. Ein Schatten, kam ihr vor, war auf die Sandsteinplatten wußte ihn. Sie aber kannte den seinen nicht. Er würde immer im Vorteil vor der Tür gefallen, als sei etwas über die Hecke gekommen. Ganz bleiben. Wenn nicht jemand aus dem Hinterhalt über ihn kam. Es hieß, langsam zog sie die halbausgestreckte Hand wieder an ihren Körper, daß Raubtiere dem Blick des Menschen nicht standhielten. Wo hatte sie schloß die Augen, bis die Form des Schattens sich auf der Innenseite das nur gelesen? Womöglich in einem dieser elenden Journale, in denen ihrer Lider von neuem abzeichnete und es sinnlos war, sie weiter ge- noch immer etwas über jene einmalige Greta G. stand. Mit abrupter schlossen zu halten. Es schien so unglaubwürdig, obgleich sie oft genug Bewegung biß der Puma sich ins Fell seiner Pfoten. Dankbar senkte sie im Tiergarten gewesen war, um zu wissen, was da stand. Auch wenn es so lange den Blick, wagte es, die Beine vom Stuhl zu nehmen, aber da ihr jetzt größer vorkam, nicht nur gut genährt und in die Höhe geschos- ruhte sein Kopf schon wieder, und sie war voll in seinem Gesichtsfeld. sen, sondern in einem tatsächlichen Sinn ausgewachsen. Farblich kaum Da dachte sie an das Kind. Das Kind, das bald von der Schule heim- abgehoben von dem Sandsteinboden, über und unter den Augen ein kommen würde, ahnungslos. Es kannte den Trick mit der Gartentüre, kleiner weißer, vor den Augen ein schwarzbrauner Fleck, die Ohren wie sie von außen zu öffnen war, und wenn es ihm dennoch nicht ge- dunkel gerandet, die Kehle weiß, der Kopf eher grau und am Rücken lang, kletterte es einfach drüber. Es war eine niedrige Gartentür für Be- der Strich aus schwarzen Grannenhaaren. sucher, nicht zum Schutz, mit einer Klingel für den Briefträger, Obwohl Der Puma duckte sich, wobei sein Bauch tief nach unten hing, als das der Hecke wegen nicht möglich war, sah sie nun das Kind, stellte es setze er zum Sprung an, legte sich aber stattdessen. Sein Blick fiel auf sich haarklein vor, wie es die Treppen heraufkam, die Schultasche von sie. Sie glaubte ein kurzes Fauchen zu hören, zu sehen, wie er die Ohren den Schultern zerrend, um dann durch die Hecke auf die Terrasse zu anlegte und die Lefzen kurz nach oben zog, dann aber schien seine kommen, geradewegs auf den Puma zu, der sich bereits nach ihm um- Miene zu erstarren. Es waren nicht mehr als zehn Schritte bis zu ihm, 93 94
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