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Sie nahm die Handtasche über den Arm, und ihr Blick fiel auf den
Parkettboden. Da war eine sandige Spur zu sehen, natürlich, die Tür ins
Innere des Hauses stand offen. Sie glaubte ein Tappen zu hören, auf der
ewig knarrenden Holztreppe. Sie griff sich ans Herz. Das Tier war
demnach im Haus, war, während sie zur Gartentür geschaut hatte, zu-
rückgekommen und hatte sich, auf der Suche nach Futter oder Schatten,
eingeschlichen.
Sie stürzte durch die Flügeltür und zog sie von außen, so gut es ging,
zu. Ein Tier kam wohl nicht gleich darauf, wie sie zu öffnen war. Und
dann nichts als wie dem Kind entgegengehen, es daran hindern, daß ...
Sie konnte sich jetzt nicht mehr um ihre Haare kümmern, die sie mit
Nadeln zu Schlingen gesteckt hatte, damit sie dann besser fielen. Nicht
einmal die Schürze hatte sie abgenommen. Nur die Handtasche, die hat-
te sie zum Glück bei sich.
Sie riß die Gartentür auf. Ein Blick zurück auf das Haus. Sie glaubte
den Kopf des Pumas an die Gardinen im Schlafzimmer von Hanna und
Jonas stoßen zu sehen. Wenn er nur nicht aus dem Fenster sprang. Die
Hausschuhe hinderten sie am schnellen Gehen, also streifte sie sie ab
und lief barfuß den schmalen Gehsteig entlang. Sie konnte das Kind
schon von weitem sehen, wie es gemächlich und an den Büschen zup-
fend, auf das Haus zutrottete. Sobald es in Rufweite kam, schrie sie
mehrmals seinen Namen und schwenkte die Tasche. Das Kind verhielt
ein wenig und wich dann, je näher sie ihm kam, Schritt für Schritt zu-
rück. Sie rief, schwenkte und winkte, und dabei versuchte sie, sich eine
Nadel um die andere aus dem Haar zu ziehen, so daß die einzelnen
Strähnen flatterten. Plötzlich fing das Kind zu laufen an, erst langsam,
und als sie ihm noch immer näherkam, legte es zu und verschwand, ge-
rade als sie es beinah eingeholt hatte, in einem Gartentor, dessen Klin-
gel es heftig gedrückt hatte.
Sie blieb stehen. Es war das Haus von Dr. Lazar, einem Freund von
Hanna und Jonas. Es hatte keinen Sinn, ihm dorthin nachzulaufen. Da
war es in Sicherheit. Dr. Lazar hatte ebenfalls Kinder, mit denen es
schon oft zusammen war. Als sie noch nicht ausgeholfen hatte, war das
Kind häufig nach der Schule zu den Lazars gegangen. Das hatte es ihr
jedenfalls erzählt. Erst jetzt merkte sie, daß sie keuchte. Unwillig warf
sie die Haarnadeln fort und fuhr sich mit den Fingerspitzen durch die
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Strähnen. Mehrere Steine lagen auf dem Gehsteig, und sie versuchte,
barfuß, wie sie war, ihnen auszuweichen.
Sie wollte sich beruhigen, sich zusammennehmen und ganz unbe-
fangen am Kiosk eine Zeitung kaufen. Vielleicht würde etwas drinste-
hen von einem Puma, der entkommen war, und der dumme Bulle, sie
kostete dieses Wort, das sie sonst nicht verwendete, in Gedanken aus,
hatte nur noch keine Zeitung gelesen.
Dann würde sie zum Haus zurückschlendern und auf Hanna und Jo-
nas warten, die gegen halb zwei für eine Stunde nach Hause kamen, und
ihnen in aller Ruhe erklären, was geschehen war. Sie war sicher, daß
man mit Hanna und Jonas vernünftig reden konnte. Noch dazu, wo das
Kind in Sicherheit war. Ganz vernünftig würden sie miteinander reden.
Vielleicht gelang es Jonas, irgendwo eine Waffe aufzutreiben. Sie hatte
die Hausschuhe wiedergefunden und lehnte sich gegen die niedrige
Steinmauer, über der die Büsche und Bäume am Ende des Grundstückes
aufragten. Sie war ganz ruhig, mit der noch ungelesenen Zeitung in der
Handtasche, stützte sich mit den Armen auf und hielt ihr Gesicht in die
Sonne, während sie wartete. Lange konnte es nicht mehr dauern, sie
wußte immer ziemlich genau, wie spät es war. Ob diese einmalige Grete
G. das auch gewußt hatte? Sie hieß zufällig Greta G., aber was war ihr
wirklicher Name? Ihr eigener, der im Blick dieses Pumas beschlossen
lag? Wie lautete er? Konnte man ihn überhaupt aussprechen? Sie legte
den Kopf noch weiter zurück, bis ihr Haar sich in den Sträuchern ver-
fing, die leicht daran zerrten. Da glaubte sie, hinter sich ein leises, wenn
auch deutliches Knacken von Zweigen zu vernehmen, und der Ast über
ihr begann sich sichtbar hin und her zu wiegen, mit einem Geräusch, als
schärfe ein Tier sich die Krallen.
Frischmuth (1989), 80-90
Barbara Frischmuth
B. Frischmuth wurde 1941 in Österreich geboren. Sie studierte Tür-
kisch, Ungarisch und Orientalistik. Sie lebt als freie Schriftstellerin und
Übersetzerin in Wien. Zu ihren Romanen und Erzählungen gehören:
– Die Klosterschule, 1968
– Die Mystifikationen der Sophie Silber, 1976
– Amy oder Die Metamorphose, 1978
Sie nahm die Handtasche über den Arm, und ihr Blick fiel auf den Strähnen. Mehrere Steine lagen auf dem Gehsteig, und sie versuchte, Parkettboden. Da war eine sandige Spur zu sehen, natürlich, die Tür ins barfuß, wie sie war, ihnen auszuweichen. Innere des Hauses stand offen. Sie glaubte ein Tappen zu hören, auf der Sie wollte sich beruhigen, sich zusammennehmen und ganz unbe- ewig knarrenden Holztreppe. Sie griff sich ans Herz. Das Tier war fangen am Kiosk eine Zeitung kaufen. Vielleicht würde etwas drinste- demnach im Haus, war, während sie zur Gartentür geschaut hatte, zu- hen von einem Puma, der entkommen war, und der dumme Bulle, sie rückgekommen und hatte sich, auf der Suche nach Futter oder Schatten, kostete dieses Wort, das sie sonst nicht verwendete, in Gedanken aus, eingeschlichen. hatte nur noch keine Zeitung gelesen. Sie stürzte durch die Flügeltür und zog sie von außen, so gut es ging, Dann würde sie zum Haus zurückschlendern und auf Hanna und Jo- zu. Ein Tier kam wohl nicht gleich darauf, wie sie zu öffnen war. Und nas warten, die gegen halb zwei für eine Stunde nach Hause kamen, und dann nichts als wie dem Kind entgegengehen, es daran hindern, daß ... ihnen in aller Ruhe erklären, was geschehen war. Sie war sicher, daß Sie konnte sich jetzt nicht mehr um ihre Haare kümmern, die sie mit man mit Hanna und Jonas vernünftig reden konnte. Noch dazu, wo das Nadeln zu Schlingen gesteckt hatte, damit sie dann besser fielen. Nicht Kind in Sicherheit war. Ganz vernünftig würden sie miteinander reden. einmal die Schürze hatte sie abgenommen. Nur die Handtasche, die hat- Vielleicht gelang es Jonas, irgendwo eine Waffe aufzutreiben. Sie hatte te sie zum Glück bei sich. die Hausschuhe wiedergefunden und lehnte sich gegen die niedrige Sie riß die Gartentür auf. Ein Blick zurück auf das Haus. Sie glaubte Steinmauer, über der die Büsche und Bäume am Ende des Grundstückes den Kopf des Pumas an die Gardinen im Schlafzimmer von Hanna und aufragten. Sie war ganz ruhig, mit der noch ungelesenen Zeitung in der Jonas stoßen zu sehen. Wenn er nur nicht aus dem Fenster sprang. Die Handtasche, stützte sich mit den Armen auf und hielt ihr Gesicht in die Hausschuhe hinderten sie am schnellen Gehen, also streifte sie sie ab Sonne, während sie wartete. Lange konnte es nicht mehr dauern, sie und lief barfuß den schmalen Gehsteig entlang. Sie konnte das Kind wußte immer ziemlich genau, wie spät es war. Ob diese einmalige Grete schon von weitem sehen, wie es gemächlich und an den Büschen zup- G. das auch gewußt hatte? Sie hieß zufällig Greta G., aber was war ihr fend, auf das Haus zutrottete. Sobald es in Rufweite kam, schrie sie wirklicher Name? Ihr eigener, der im Blick dieses Pumas beschlossen mehrmals seinen Namen und schwenkte die Tasche. Das Kind verhielt lag? Wie lautete er? Konnte man ihn überhaupt aussprechen? Sie legte ein wenig und wich dann, je näher sie ihm kam, Schritt für Schritt zu- den Kopf noch weiter zurück, bis ihr Haar sich in den Sträuchern ver- rück. Sie rief, schwenkte und winkte, und dabei versuchte sie, sich eine fing, die leicht daran zerrten. Da glaubte sie, hinter sich ein leises, wenn Nadel um die andere aus dem Haar zu ziehen, so daß die einzelnen auch deutliches Knacken von Zweigen zu vernehmen, und der Ast über Strähnen flatterten. Plötzlich fing das Kind zu laufen an, erst langsam, ihr begann sich sichtbar hin und her zu wiegen, mit einem Geräusch, als und als sie ihm noch immer näherkam, legte es zu und verschwand, ge- schärfe ein Tier sich die Krallen. rade als sie es beinah eingeholt hatte, in einem Gartentor, dessen Klin- gel es heftig gedrückt hatte. Frischmuth (1989), 80-90 Sie blieb stehen. Es war das Haus von Dr. Lazar, einem Freund von Barbara Frischmuth Hanna und Jonas. Es hatte keinen Sinn, ihm dorthin nachzulaufen. Da B. Frischmuth wurde 1941 in Österreich geboren. Sie studierte Tür- war es in Sicherheit. Dr. Lazar hatte ebenfalls Kinder, mit denen es kisch, Ungarisch und Orientalistik. Sie lebt als freie Schriftstellerin und schon oft zusammen war. Als sie noch nicht ausgeholfen hatte, war das Übersetzerin in Wien. Zu ihren Romanen und Erzählungen gehören: Kind häufig nach der Schule zu den Lazars gegangen. Das hatte es ihr – Die Klosterschule, 1968 jedenfalls erzählt. Erst jetzt merkte sie, daß sie keuchte. Unwillig warf – Die Mystifikationen der Sophie Silber, 1976 sie die Haarnadeln fort und fuhr sich mit den Fingerspitzen durch die – Amy oder Die Metamorphose, 1978 97 98
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