Введение в анализ литературного текста. Евтугова Н.Н. - 51 стр.

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der Begründer der Rujukforschung, und wenn er auch innerhalb der
letzten dreißig Jahre nur zwei Schüler gehabt hat, so ist sein Verdienst
nicht zu unterschätzen, denn er hat diesen Volksstamm entdeckt, seine
Sprache, seine Sitten, seine Religion erforscht, hat zwei Expeditionen
auf eine unwirtliche Insel südlich Australiens geleitet, und sein Ver-
dienst bleibt, wenn er auch Irrtümern unterlegen ist, unschätzbar für die
Wissenschaft.
Sein erster Schüler war Bill van der Lohe, von dem aber nur zu be-
richten ist, dass er sich im Hafen von Sydney eines Besseren besann,
Geldwechsler wurde, heiratete, Kinder zeugte und später im Inneren
Australiens eine Rinderfarm betrieb: Bill ging der Wissenschaft verlo-
ren.
Wodruffs zweiter Schüler war ich: Dreizehn Jahre meines Lebens
habe ich darauf verwandt, Sprache, Sitte und Religion der Rujuks zu
erlernen; fünf weitere Jahre verbrachte ich damit, Medizin zu studieren
um als Arzt bei den Rujuks zu leben, doch verzichtete ich darauf, das
Staatsexamen abzulegen, weil die Rujuks - mit Recht - sich nicht für die
Diplome europäischer Hochschulen, sondern für die Fähigkeiten eines
Arztes interessieren. Außerdem war nach achtzehnjährigem Studium
meine Ungeduld wirkliche Rujuks kennen zu lernen zu einer Krise ge-
kommen, und ich wollte keine Woche, wollte keinen Tag mehr warten
um endlich lebende Exemplare eines Volkes zu sehen, dessen Sprache
ich fließend sprach. Ich packte Rucksäcke, Koffer, eine transportable
Apotheke, meinen Instrumentenkasten, überprüfte mein Traveller-
scheck- buch, machte - für alle Fälle – mein Testament, denn ich besitze
ein Landhaus in der Eifel und bin Inhaber der Nutzungsrechte eines
Obstgutes am Rhein. Dann nahm ich ein Taxi zum Flugplatz, löste eine
Flugkarte nach Sydney, von wo mich ein Walfänger mitnehmen sollte.
Mein Lehrer James Wodruff begleitete mich. Er selbst war zu hin-
fällig noch eine Expedition zu riskieren, drückte mir aber zum Abschied
noch einmal seine berühmte Schrift “Volk nahe der Arktis” in die Hand,
obwohl er genau wusste, dass ich diese Schrift auswendig herzusagen
verstand. Bevor ich das Flugzeug bestieg, rief Wodruff mir zu: “Bruwal
doidoi duraboü”, was (frei übersetzt) heißen könnte: Mögen die Geister
der Luft dich beschützen! Genau würde es wohl heißen: Der Wind mö-
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ge keine widerspenstigen Geister gegen dich senden!, denn die Rujuks
leben vom Fischfang und die Gunst des Windes ist ihnen heilig.
Der Wind sandte keine widerspenstigen Geister gegen uns und ich
landete wohlbehal- ten in Sydney, bestieg dort den Walfänger, wurde
acht Tage später an einer winzigen Insel ausgesetzt, die, wie mein Leh-
rer mir versichert hatte, von den P-Rujuks bewohnt sein sollte, die sich
von den eigentlichen Rujuks dadurch unterscheiden, dass ihr Abc das P
enthält.
Doch die Insel erwies sich als unbewohnt, jedenfalls von Rujuks un-
bewohnt. Ich irrte einen Tag lang zwischen mageren Wiesen und steilen
Felsen umher, fand zwar Spuren von Rujukhäusern, zu deren Bau sie
eine Art Fischleim als Mörtel benutzen, aber der einzige Mensch, den
ich auf dieser Insel traf, war ein Waschbärjäger, der für europäische
Zoos unterwegs war. Ich fand ihn betrunken in seinem Zelt, und als ich
ihn geweckt, ihn von meiner Harmlosigkeit überzeugt hatte, fragte er
mich in ziemlich ordinärem Englisch nach einer gewissen Rita Hay-
worth. Da ich den Namen nicht genau verstand, schrieb er ihn auf einen
Zettel und rollte dabei lüstern die Augen. Ich kannte eine Frau dieses
Namens nicht und konnte ihm keine Auskunft geben. Drei Tage war ich
gezwungen die Gesellschaft dieses Banausen zu ertragen, der fast nur
von Filmen sprach. Endlich konnte ich ihm gegen Überschreibung von
Travellerschecks im Werte von 80 Dollar ein Schlauchboot abhandeln
und unter Lebensgefahr ruderte ich bei stiller See zu der acht Kilometer
entfernten Insel hinüber, auf der die eigentlichen Rujuks wohnen soll-
ten. Diese Angabe wenigstens erwies sich als richtig. Schon von weitem
sah ich Menschen am Ufer stehen, sah Netze aufgehängt, sah einen
Bootsschuppen und heftig rudernd und winkend näherte ich mich dem
Ufer, den Ruf auf den Lippen: “Joi wuba, joi wuba, buweida guhal!”
(Vom Meer, vom Meer komme ich euch zu helfen, Brüder!)
Doch als ich dem Ufer näher gekommen war, sah ich, dass die Auf-
merksamkeit der dort Stehenden einem anderen Fahrzeug galt: Das Tu-
ckern eines Motorbootes näherte sich von Westen, Tücher wurden ge-
schwenkt und ich landete völlig unbeachtet auf der Insel meiner Sehn-
sucht, denn das Motorboot kam fast gleichzeitig mit mir an und alle
rannten zum Landungssteg.
der Begründer der Rujukforschung, und wenn er auch innerhalb der            ge keine widerspenstigen Geister gegen dich senden!, denn die Rujuks
letzten dreißig Jahre nur zwei Schüler gehabt hat, so ist sein Verdienst    leben vom Fischfang und die Gunst des Windes ist ihnen heilig.
nicht zu unterschätzen, denn er hat diesen Volksstamm entdeckt, seine           Der Wind sandte keine widerspenstigen Geister gegen uns und ich
Sprache, seine Sitten, seine Religion erforscht, hat zwei Expeditionen      landete wohlbehal- ten in Sydney, bestieg dort den Walfänger, wurde
auf eine unwirtliche Insel südlich Australiens geleitet, und sein Ver-      acht Tage später an einer winzigen Insel ausgesetzt, die, wie mein Leh-
dienst bleibt, wenn er auch Irrtümern unterlegen ist, unschätzbar für die   rer mir versichert hatte, von den P-Rujuks bewohnt sein sollte, die sich
Wissenschaft.                                                               von den eigentlichen Rujuks dadurch unterscheiden, dass ihr Abc das P
    Sein erster Schüler war Bill van der Lohe, von dem aber nur zu be-      enthält.
richten ist, dass er sich im Hafen von Sydney eines Besseren besann,            Doch die Insel erwies sich als unbewohnt, jedenfalls von Rujuks un-
Geldwechsler wurde, heiratete, Kinder zeugte und später im Inneren          bewohnt. Ich irrte einen Tag lang zwischen mageren Wiesen und steilen
Australiens eine Rinderfarm betrieb: Bill ging der Wissenschaft verlo-      Felsen umher, fand zwar Spuren von Rujukhäusern, zu deren Bau sie
ren.                                                                        eine Art Fischleim als Mörtel benutzen, aber der einzige Mensch, den
    Wodruffs zweiter Schüler war ich: Dreizehn Jahre meines Lebens          ich auf dieser Insel traf, war ein Waschbärjäger, der für europäische
habe ich darauf verwandt, Sprache, Sitte und Religion der Rujuks zu         Zoos unterwegs war. Ich fand ihn betrunken in seinem Zelt, und als ich
erlernen; fünf weitere Jahre verbrachte ich damit, Medizin zu studieren     ihn geweckt, ihn von meiner Harmlosigkeit überzeugt hatte, fragte er
um als Arzt bei den Rujuks zu leben, doch verzichtete ich darauf, das       mich in ziemlich ordinärem Englisch nach einer gewissen Rita Hay-
Staatsexamen abzulegen, weil die Rujuks - mit Recht - sich nicht für die    worth. Da ich den Namen nicht genau verstand, schrieb er ihn auf einen
Diplome europäischer Hochschulen, sondern für die Fähigkeiten eines         Zettel und rollte dabei lüstern die Augen. Ich kannte eine Frau dieses
Arztes interessieren. Außerdem war nach achtzehnjährigem Studium            Namens nicht und konnte ihm keine Auskunft geben. Drei Tage war ich
meine Ungeduld wirkliche Rujuks kennen zu lernen zu einer Krise ge-         gezwungen die Gesellschaft dieses Banausen zu ertragen, der fast nur
kommen, und ich wollte keine Woche, wollte keinen Tag mehr warten           von Filmen sprach. Endlich konnte ich ihm gegen Überschreibung von
um endlich lebende Exemplare eines Volkes zu sehen, dessen Sprache          Travellerschecks im Werte von 80 Dollar ein Schlauchboot abhandeln
ich fließend sprach. Ich packte Rucksäcke, Koffer, eine transportable       und unter Lebensgefahr ruderte ich bei stiller See zu der acht Kilometer
Apotheke, meinen Instrumentenkasten, überprüfte mein Traveller-             entfernten Insel hinüber, auf der die eigentlichen Rujuks wohnen soll-
scheck- buch, machte - für alle Fälle – mein Testament, denn ich besitze    ten. Diese Angabe wenigstens erwies sich als richtig. Schon von weitem
ein Landhaus in der Eifel und bin Inhaber der Nutzungsrechte eines          sah ich Menschen am Ufer stehen, sah Netze aufgehängt, sah einen
Obstgutes am Rhein. Dann nahm ich ein Taxi zum Flugplatz, löste eine        Bootsschuppen und heftig rudernd und winkend näherte ich mich dem
Flugkarte nach Sydney, von wo mich ein Walfänger mitnehmen sollte.          Ufer, den Ruf auf den Lippen: “Joi wuba, joi wuba, buweida guhal!”
    Mein Lehrer James Wodruff begleitete mich. Er selbst war zu hin-        (Vom Meer, vom Meer komme ich euch zu helfen, Brüder!)
fällig noch eine Expedition zu riskieren, drückte mir aber zum Abschied         Doch als ich dem Ufer näher gekommen war, sah ich, dass die Auf-
noch einmal seine berühmte Schrift “Volk nahe der Arktis” in die Hand,      merksamkeit der dort Stehenden einem anderen Fahrzeug galt: Das Tu-
obwohl er genau wusste, dass ich diese Schrift auswendig herzusagen         ckern eines Motorbootes näherte sich von Westen, Tücher wurden ge-
verstand. Bevor ich das Flugzeug bestieg, rief Wodruff mir zu: “Bruwal      schwenkt und ich landete völlig unbeachtet auf der Insel meiner Sehn-
doidoi duraboü”, was (frei übersetzt) heißen könnte: Mögen die Geister      sucht, denn das Motorboot kam fast gleichzeitig mit mir an und alle
der Luft dich beschützen! Genau würde es wohl heißen: Der Wind mö-          rannten zum Landungssteg.



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