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1. Kurzbiographie von Alfred Adler
Adler wurde am 7. Februar 1870 in der Nähe von Wien als zwei-
ter Sohn eines Getreidekaufmanns geboren. Als Kind scheint er an "Or-
ganminderwertigkeit" gelitten zu haben, so daß sein späteres theoreti-
sches Konzept auch aus dem eigenen Erleben stammt. Er überwand je-
doch mutig physische und psychische Handicaps. 1888 immatrikulierte
er in Wien für das Fach Medizin, ein Studium, das er 1895 abschloß.
1897 heiratete er die russische Studentin und Sozialistin Raissa Timofe-
jeva.
Adler ließ sich zum Augenarzt, Internisten und Neurologen aus-
bilden. 1902 kam es zur Begegnung mit Sigmund Freud, wobei Adler
unter den vier ersten Mitgliedern der Mittwochs-Gesellschaft war (ne-
ben Stekel, Kahane und Reitler). Die Zusammenarbeit mit Freud war
sehr intensiv und dauerte bis 1911. Adler gilt als der prominenteste und
eigenständigste Mitarbeiter des Freud-Kreises.
1907 publizierte Adler seine "Studie über Minderwertigkeit von
Organen". Damit schuf er ein biologisches Fundament für die Tiefen-
psychologie und auch einen eigenständigen Beitrag zur Psychosomatik.
Diese Schrift ist beherrscht vom Gedanken der Kompensation und
Überkompensation von körperlichen und geistigen Unzulänglichkeiten,
was später in Adlers Lehre eine zentrale Stellung einnimmt. Freud be-
grüßte diesen originellen Ansatz und versuchte, die Adlerschen Gedan-
kengänge in sein psychoanalytisches System zu integrieren.
Aber sowohl im Charakter als auch in ihrer Weltanschauung di-
vergierten die beiden Gründerväter der Tiefenpsychologie. Das zeigte
sich spätestens 1911, als Adler wichtige Elemente der Psychoanalyse in
Frage stellte. Er zweifelte an der Ubiquität des Ödipus-Komplexes, an
der Libido-Theorie, am psychischen Determinismus, an der Wunscher-
füllungs-Theorie der Träume usw. So kam es zum Bruch mit Freud;
zusammen mit mehr als einem Dutzend seiner Anhänger verließ Adler
die Freud-Gesellschaft und gründete seine "Individualpsychologische
Vereinigung".
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Er nannte seine Lehre zunächst "Vergleichende Individualpsy-
chologie", weil er im Gegensatz zu Freuds typisierendem und schemati-
sierendem Vorgehen der Individualität des Menschen gerecht werden
wollte. Seine neuartigen Thesen faßte er 1912 in seinem Hauptwerk
"Über den nervösen Charakter" zusammen. Dieses bedeutende Buch
steht nicht nur in der Nachfolge von Freud, sondern noch viel mehr von
Nietzsche. Es rückt das menschliche Machtstreben in den Mittelpunkt
der Psychopathologie. Nicht das Verlangen nach Lust ist der Motor der
Psyche, sondern das Selbstwertstreben, welches unter dem Einfluß von
Angst und Minderwertigkeitskomplexen in Machtambition ausartet.
Dieser Text ist der Ursprung der sogenannten "Ich-Psychologie",
auf die nachher auch viele Freudianer einschwenkten. Zudem ist es eine
Ganzheits- und Sozialpsychologie. Es untersucht die Neurosenfälle im
Spannungsfeld der menschlichen Beziehungen. Neurose wird definiert
als ein "Ausweichen vor der Realität", eine Charakterpatholgie, die sich
vor den Schwierigkeiten des Lebens durch Symptomentfaltung absi-
chert. Durch geeignete Erziehung kann man nach Adler solche Fehl-
entwicklungen vermeiden. Im Sammelband "Heilen und Bilden" (1914)
beschrieb er zusammen mit C.Furtmüller und E.Wexberg die Möglich-
keiten der Pädagogik als Neurosenprophylaxe.
Im Ersten Weltkrieg leistete Adler Dienst als Militärarzt. Er war
tief erschüttert durch den Massenwahnsinn der Kriegshandlungen, die
er im Sinne seiner sozialistischen Weltanschauung als ein Versagen der
herrschenden Schichten in Europa verstand. Nach dem Krieg ging er
mit Energie an den weiteren Ausbau seiner individualpsychologischen
Theorie und Praxis, die er immer mehr als ein Heilmittel für die an
Machtwahn erkrankte Welt verstand.
Damals rückte er den Begriff "Gemeinschaftsgefühl" ins Zentrum
seiner Überlegungen. Er war der Meinung, daß nur der Mensch in Be-
drängnissen seelisch erkrankt, der durch Verwöhnung und Vernachläs-
sigung in der Kindheit nicht zum Mitleben und Mitarbeiten disponiert
ist. Heilen von Seelenkrankheit bedeutet das Erwecken der Kooperati-
ons- und Kommunikationsfähigkeit, eine Schulung im Mitmensch-Sein.
Dieser soziale Einschlag der Individualpsychologie schuf ihr viele
Freunde und Anhänger im Lager der "humanistischen Linken".
Mit Feuereifer machten er und seine Mitarbeiter sich daran, das
Wiener Schulwesen zu reformieren, die starre Autorität in der Schule
Er nannte seine Lehre zunächst "Vergleichende Individualpsy- chologie", weil er im Gegensatz zu Freuds typisierendem und schemati- LESETEXTE sierendem Vorgehen der Individualität des Menschen gerecht werden wollte. Seine neuartigen Thesen faßte er 1912 in seinem Hauptwerk 1. Kurzbiographie von Alfred Adler "Über den nervösen Charakter" zusammen. Dieses bedeutende Buch steht nicht nur in der Nachfolge von Freud, sondern noch viel mehr von Adler wurde am 7. Februar 1870 in der Nähe von Wien als zwei- Nietzsche. Es rückt das menschliche Machtstreben in den Mittelpunkt ter Sohn eines Getreidekaufmanns geboren. Als Kind scheint er an "Or- der Psychopathologie. Nicht das Verlangen nach Lust ist der Motor der ganminderwertigkeit" gelitten zu haben, so daß sein späteres theoreti- Psyche, sondern das Selbstwertstreben, welches unter dem Einfluß von sches Konzept auch aus dem eigenen Erleben stammt. Er überwand je- Angst und Minderwertigkeitskomplexen in Machtambition ausartet. doch mutig physische und psychische Handicaps. 1888 immatrikulierte Dieser Text ist der Ursprung der sogenannten "Ich-Psychologie", er in Wien für das Fach Medizin, ein Studium, das er 1895 abschloß. auf die nachher auch viele Freudianer einschwenkten. Zudem ist es eine 1897 heiratete er die russische Studentin und Sozialistin Raissa Timofe- Ganzheits- und Sozialpsychologie. Es untersucht die Neurosenfälle im jeva. Spannungsfeld der menschlichen Beziehungen. Neurose wird definiert Adler ließ sich zum Augenarzt, Internisten und Neurologen aus- als ein "Ausweichen vor der Realität", eine Charakterpatholgie, die sich bilden. 1902 kam es zur Begegnung mit Sigmund Freud, wobei Adler vor den Schwierigkeiten des Lebens durch Symptomentfaltung absi- unter den vier ersten Mitgliedern der Mittwochs-Gesellschaft war (ne- chert. Durch geeignete Erziehung kann man nach Adler solche Fehl- ben Stekel, Kahane und Reitler). Die Zusammenarbeit mit Freud war entwicklungen vermeiden. Im Sammelband "Heilen und Bilden" (1914) sehr intensiv und dauerte bis 1911. Adler gilt als der prominenteste und beschrieb er zusammen mit C.Furtmüller und E.Wexberg die Möglich- eigenständigste Mitarbeiter des Freud-Kreises. keiten der Pädagogik als Neurosenprophylaxe. 1907 publizierte Adler seine "Studie über Minderwertigkeit von Im Ersten Weltkrieg leistete Adler Dienst als Militärarzt. Er war Organen". Damit schuf er ein biologisches Fundament für die Tiefen- tief erschüttert durch den Massenwahnsinn der Kriegshandlungen, die psychologie und auch einen eigenständigen Beitrag zur Psychosomatik. er im Sinne seiner sozialistischen Weltanschauung als ein Versagen der Diese Schrift ist beherrscht vom Gedanken der Kompensation und herrschenden Schichten in Europa verstand. Nach dem Krieg ging er Überkompensation von körperlichen und geistigen Unzulänglichkeiten, mit Energie an den weiteren Ausbau seiner individualpsychologischen was später in Adlers Lehre eine zentrale Stellung einnimmt. Freud be- Theorie und Praxis, die er immer mehr als ein Heilmittel für die an grüßte diesen originellen Ansatz und versuchte, die Adlerschen Gedan- Machtwahn erkrankte Welt verstand. kengänge in sein psychoanalytisches System zu integrieren. Damals rückte er den Begriff "Gemeinschaftsgefühl" ins Zentrum Aber sowohl im Charakter als auch in ihrer Weltanschauung di- seiner Überlegungen. Er war der Meinung, daß nur der Mensch in Be- vergierten die beiden Gründerväter der Tiefenpsychologie. Das zeigte drängnissen seelisch erkrankt, der durch Verwöhnung und Vernachläs- sich spätestens 1911, als Adler wichtige Elemente der Psychoanalyse in sigung in der Kindheit nicht zum Mitleben und Mitarbeiten disponiert Frage stellte. Er zweifelte an der Ubiquität des Ödipus-Komplexes, an ist. Heilen von Seelenkrankheit bedeutet das Erwecken der Kooperati- der Libido-Theorie, am psychischen Determinismus, an der Wunscher- ons- und Kommunikationsfähigkeit, eine Schulung im Mitmensch-Sein. füllungs-Theorie der Träume usw. So kam es zum Bruch mit Freud; Dieser soziale Einschlag der Individualpsychologie schuf ihr viele zusammen mit mehr als einem Dutzend seiner Anhänger verließ Adler Freunde und Anhänger im Lager der "humanistischen Linken". die Freud-Gesellschaft und gründete seine "Individualpsychologische Mit Feuereifer machten er und seine Mitarbeiter sich daran, das Vereinigung". Wiener Schulwesen zu reformieren, die starre Autorität in der Schule 135 136
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