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Dieser vergleichsweise frühe Tod hat der Ausbreitung der Indivi-
dualpsychologie gewiß geschadet. Noch mehr Schaden richteten jedoch
die faschistische Pest und der Zweite Weltkrieg an. Die Welt war nicht
mehr zugänglich für die Botschaft eines universellen Sozialinteresses,
der gegenseitigen Hilfe und der Gewaltlosigkeit in den menschlichen
Beziehungen.
Bei Adlers Tod hieß es, er sei ein einzigartiger Denker, dessen
Theorien seit Jahrzehnten im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen ste-
hen und die ebenso viele begeisterte Anhänger wie erbitterte Gegner
gefunden haben. In England und besonders in Amerika gilt er als einer
der berühmtesten gelehrten Österreicher. Seine Psychologie ist ein
Grundriß der Ethik "von beinahe konfuzianischer Einfachheit und Rea-
lismus" (Mairet). Mit Freud gehörte er zu den größten Psychologen der
Welt. Zusammen mit Freud und Jung, dem einflußreichen Dreigestirn
der Tiefenpsychologie, hinterließ er in der Zivilisation eine Wirkung,
die recht gut mit dem verglichen werden kann, mit der Charles Darwin
eine vorangegangene Generationen beeindrückte.
http://home.t-online.de/home/Mackenthun/ip/dt/keyword.h
2. Carl Gustav Jung, sein Leben und Werk
C.G. Jung wird am 26. Juli 1875 in Kesswil am Bodensee, im
Kanton Thurgau, geboren. Er ist der Sohn des evangelisch-reformierten
Pfarrers Johann Paul Achilles Jung und von Emilie Jung, geborene
Preiswerk aus Basel. Die väterlichen Vorfahren kamen ursprünglich aus
Deutschland, bis der Grossvater als Chirurgieprofessor an der Universi-
tät Basel in die Schweiz übersiedelte. Mehrere Verwandte mütterlicher-
seits und zwei Brüder des Vaters waren Theologen. Der Einfluss von
Medizin und Religion, von Naturwissenschaft und Glaube hatte in der
Familie immer eine Rolle gespielt.
Carl Gustav Jung charakterisiert seinen Vater, einen promovier-
ten Arabisten als guten unkomplizierten Menschen, dessen dogmati-
scher Glaube ihm jedoch leer, schematisch und leblos erscheint. Dies
zeigt sich insbesondere in den Auseinandersetzungen, Fragen und Zwei-
feln des Sohnes, die vom Vater lediglich mit lehrmässigen Inhalten be-
antwortet werden, ohne das Anliegen des Sohnes zu erfassen und nach-
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zuvollziehen. Zwar assoziiert Jung in bezug auf seinen Vater Zuverläs-
sigkeit, gleichzeitig jedoch auch Ohnmacht. Enttäuschungen in der Ehe,
sehnsüchtige Erinnerungen an die Studentenzeit und immer stärker
werdende Glaubenszweifel führen zu schlechter Laune und chronischer
Gereiztheit, bis die Glaubenskrise schliesslich laut Jung für den frühen
Tod des Vaters verantwortlich wird. "Ich verstand erst einige Jahre spä-
ter, dass mein armer Vater nicht denken durfte, weil er von inneren
Zweifeln zerrissen war. Er war auf der Flucht vor sich selber und insi-
stierte deshalb auf dem blinden Glauben, den er erkämpfen musste und
mit krampfhafter Anstrengung erzwingen wollte."
In völlig anderer Hinsicht übte die Mutter auf Carl Gustav Jung
eine tiefe Prägung aus. Er beschreibt sie als gespaltene Persönlichkeit,
die einerseits manchmal überkommene Meinungen äusserte, diese je-
doch andererseits von ihrem unkonventionellen, anderen Ich sogleich
widerlegte. Nicht immer sagte sie, was sie eigentlich dachte – so der
Eindruck des Jungen. Diese Tatsache lässt ihn die Mutter zum einen als
liebende Mutter mit einer grossen "animalischen Wärme", Gemütlich-
keit und Redseligkeit erleben, zum anderen erscheint sie ihm unheim-
lich, archaisch und ruchlos. Der Sohn vertraut ihr deshalb nur bedingt –
was ihn ernstlich beschäftigt, teilt er ihr nicht mit. Diese zwiespältige
Haltung gegenüber der Mutter wird bereits von einem Erlebnis in der
frühesten Kindheit genährt. Als er drei Jahre alt ist, muss die Mutter für
mehrere Monate in ein Krankenhaus in Basel. Der Knabe reagiert auf
dieses Verlassensein mit Ekzemen, und ihre lange Abwesenheit macht
ihm schwer zu schaffen. Später sieht Jung das Leiden der Mutter im
Zusammenhang mit Eheschwierigkeiten der Eltern. "Seit jener Zeit war
ich immer misstrauisch sobald das Wort "Liebe" fiel. Das Gefühl, das
sich mir mit dem "Weiblichen" verband, war lange Zeit: natürliche Un-
zuverlässigkeit und Ohnmacht. Ein halbes Jahr nach der Geburt des
Sohnes Carl Gustav zieht die kleine Familie für vier Jahre nach Laufen
bei Schaffhausen. Dort, oberhalb des Rheinfalls, wächst der Kleine auf
dem Lande auf – im Umkreis von Pfarrhaus, Kirche und Friedhof. Dort
macht er auch seine ersten Erfahrungen mit der ihm nicht ganz einsich-
tigen Gestalt des "Her Jesus". Dieser sollte einerseits Schutz vor den
Gefahren der Nacht geben, wie ihn das Abendgebet der Mutter lehrte,
andererseits stand er in dunklem Bunde mit den Vorgängen auf dem
Friedhof, wenn der Vater im schwarzen Talar von ebenfalls schwarz
Dieser vergleichsweise frühe Tod hat der Ausbreitung der Indivi- zuvollziehen. Zwar assoziiert Jung in bezug auf seinen Vater Zuverläs- dualpsychologie gewiß geschadet. Noch mehr Schaden richteten jedoch sigkeit, gleichzeitig jedoch auch Ohnmacht. Enttäuschungen in der Ehe, die faschistische Pest und der Zweite Weltkrieg an. Die Welt war nicht sehnsüchtige Erinnerungen an die Studentenzeit und immer stärker mehr zugänglich für die Botschaft eines universellen Sozialinteresses, werdende Glaubenszweifel führen zu schlechter Laune und chronischer der gegenseitigen Hilfe und der Gewaltlosigkeit in den menschlichen Gereiztheit, bis die Glaubenskrise schliesslich laut Jung für den frühen Beziehungen. Tod des Vaters verantwortlich wird. "Ich verstand erst einige Jahre spä- ter, dass mein armer Vater nicht denken durfte, weil er von inneren Bei Adlers Tod hieß es, er sei ein einzigartiger Denker, dessen Zweifeln zerrissen war. Er war auf der Flucht vor sich selber und insi- Theorien seit Jahrzehnten im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen ste- stierte deshalb auf dem blinden Glauben, den er erkämpfen musste und hen und die ebenso viele begeisterte Anhänger wie erbitterte Gegner mit krampfhafter Anstrengung erzwingen wollte." gefunden haben. In England und besonders in Amerika gilt er als einer In völlig anderer Hinsicht übte die Mutter auf Carl Gustav Jung der berühmtesten gelehrten Österreicher. Seine Psychologie ist ein eine tiefe Prägung aus. Er beschreibt sie als gespaltene Persönlichkeit, Grundriß der Ethik "von beinahe konfuzianischer Einfachheit und Rea- die einerseits manchmal überkommene Meinungen äusserte, diese je- lismus" (Mairet). Mit Freud gehörte er zu den größten Psychologen der doch andererseits von ihrem unkonventionellen, anderen Ich sogleich Welt. Zusammen mit Freud und Jung, dem einflußreichen Dreigestirn widerlegte. Nicht immer sagte sie, was sie eigentlich dachte – so der der Tiefenpsychologie, hinterließ er in der Zivilisation eine Wirkung, Eindruck des Jungen. Diese Tatsache lässt ihn die Mutter zum einen als die recht gut mit dem verglichen werden kann, mit der Charles Darwin liebende Mutter mit einer grossen "animalischen Wärme", Gemütlich- eine vorangegangene Generationen beeindrückte. keit und Redseligkeit erleben, zum anderen erscheint sie ihm unheim- http://home.t-online.de/home/Mackenthun/ip/dt/keyword.h lich, archaisch und ruchlos. Der Sohn vertraut ihr deshalb nur bedingt – was ihn ernstlich beschäftigt, teilt er ihr nicht mit. Diese zwiespältige 2. Carl Gustav Jung, sein Leben und Werk Haltung gegenüber der Mutter wird bereits von einem Erlebnis in der frühesten Kindheit genährt. Als er drei Jahre alt ist, muss die Mutter für C.G. Jung wird am 26. Juli 1875 in Kesswil am Bodensee, im mehrere Monate in ein Krankenhaus in Basel. Der Knabe reagiert auf Kanton Thurgau, geboren. Er ist der Sohn des evangelisch-reformierten dieses Verlassensein mit Ekzemen, und ihre lange Abwesenheit macht Pfarrers Johann Paul Achilles Jung und von Emilie Jung, geborene ihm schwer zu schaffen. Später sieht Jung das Leiden der Mutter im Preiswerk aus Basel. Die väterlichen Vorfahren kamen ursprünglich aus Zusammenhang mit Eheschwierigkeiten der Eltern. "Seit jener Zeit war Deutschland, bis der Grossvater als Chirurgieprofessor an der Universi- ich immer misstrauisch sobald das Wort "Liebe" fiel. Das Gefühl, das tät Basel in die Schweiz übersiedelte. Mehrere Verwandte mütterlicher- sich mir mit dem "Weiblichen" verband, war lange Zeit: natürliche Un- seits und zwei Brüder des Vaters waren Theologen. Der Einfluss von zuverlässigkeit und Ohnmacht. Ein halbes Jahr nach der Geburt des Medizin und Religion, von Naturwissenschaft und Glaube hatte in der Sohnes Carl Gustav zieht die kleine Familie für vier Jahre nach Laufen Familie immer eine Rolle gespielt. bei Schaffhausen. Dort, oberhalb des Rheinfalls, wächst der Kleine auf Carl Gustav Jung charakterisiert seinen Vater, einen promovier- dem Lande auf – im Umkreis von Pfarrhaus, Kirche und Friedhof. Dort ten Arabisten als guten unkomplizierten Menschen, dessen dogmati- macht er auch seine ersten Erfahrungen mit der ihm nicht ganz einsich- scher Glaube ihm jedoch leer, schematisch und leblos erscheint. Dies tigen Gestalt des "Her Jesus". Dieser sollte einerseits Schutz vor den zeigt sich insbesondere in den Auseinandersetzungen, Fragen und Zwei- Gefahren der Nacht geben, wie ihn das Abendgebet der Mutter lehrte, feln des Sohnes, die vom Vater lediglich mit lehrmässigen Inhalten be- andererseits stand er in dunklem Bunde mit den Vorgängen auf dem antwortet werden, ohne das Anliegen des Sohnes zu erfassen und nach- Friedhof, wenn der Vater im schwarzen Talar von ebenfalls schwarz 139 140
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