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Automaten überall an der Uni Geld aufladen kann – und dann zahle ich
mit den Karten bargeldlos das Essen, Kopien oder Ausdrucke vom
Computer, die ich an der Universität mache.
Dabei ist die Universität in Passau gar nicht so schrecklich groß,
„nur" 9000 Studenten lernen hier. Zum Vergleich: Deutschlands größte
Universität (in Köln) hat 60 000 Studenten. Aber für mich sind 9000
Kommilitonen schon eine ganze Menge.
Vorlesung in vollen Sälen
Besonders schlimm war es in unserer Vorlesung für „Betriebliches
Rechnungswesen"
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, die ich einmal pro Woche zwei Stunden besuchte.
Die Vorlesung fand im größten Saal der ganzen Uni mit 800 Plät-
zen statt. Aber fast 1400 Studenten wollten den Professor hören. Ich
kam meistens eine halbe Stunde früher und bekam einen der letzten
Sitzplätze. Alle, die nach mir kamen, saßen dann auf dem Fußboden, in
den Gängen, überall, bis es schließlich so eng im Raum war, dass man
sich kaum noch bewegen konnte.
Doch nach einigen Vorlesungen beschloss der Professor, dass es
so nicht weitergehen könne: Er nahm noch einen zweiten Raum in der
Nähe dazu, mit weiteren 400 Plätzen. Im Hauptraum waren also die
meisten Studenten, der Professor und – eine Kamera. Die filmte die
Vorlesung und übertrug sie sofort live in den Nebenraum, wo die restli-
chen Studenten saßen und auf einer Leinwand sehen konnten, was der
Professor über Auslandsschulden und Aktiengesellschaften zu sagen
hatte.
Prüfung mit eigenem Tisch
Viel krasser als die wöchentliche Vorlesung war allerdings die
Prüfung am Ende des Semesters. Für die Prüfung sollte natürlich jeder
Student einen eigenen Tisch bekommen, damit man nicht abgucken
kann. Doch an unserer Universität gab es nun einmal keine größeren
Räume als die beiden, in denen die normale Vorlesung stattfand – und
die waren total voll, wenn wir alle da waren. Was also machte unser
Professor? Er steckte uns alle in die Sporthalle der Universität, eine rie-
sige Halle, die sich sonst in vier Felder unterteilen lässt. Das war plötz-
lich unser gigantischer Prüfungsraum. Das war zwar riesig, aber reichte
noch lange nicht: Weil jeder einen eigenen großen Tisch hatte und zwi-
schen den Tischen noch genügend Platz war, damit auch wirklich nie-
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mand von der Klausur des Nachbarn abschreiben konnte, passten in die
gigantische Uni-Sporthalle nur 400 Leute. Weitere 1000 waren damit
noch nicht untergebracht, für die mietete unser Professor eine noch viel
größere Kongresshalle an. Jeder Student bekam eine Tischnummer zu-
gewiesen und musste dann in der Halle seinen Platz finden. Während
der Prüfung gab es dann über Lautsprecher die Anweisungen („Bitte
halten Sie Ihre Ausweispapiere und Studentenausweis für eine Überprü-
fung ihrer Identität bereit und „Bitte beenden Sie Ihre Arbeit jetzt, le-
gen Sie den Stift zur Seite und drehen Sie die Prüfungsunterlagen um").
Ich kann Euch sagen, an dem Tag, an dem wir diese Klausur in
Rechnungswesen schrieben, war schon eine tolle Stimmung in der
Stadt. Passau ist eine recht kleine Stadt mit nur 50 000 Einwohnern, und
1400 davon schrieben an diesem Tag die schrecklich gefürchtete Rech-
nungswesen-Klausur. Das ist jeder 35. Einwohner der Stadt, und ich
fand die Erleichterung am Abend wirklich spürbar.
___________________
1
etw. quietscht: etwas gibt durch Reibung einen hellen, schrillen
Ton von sich
2
(im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre) u.a. Buchfüh-
rung und Bilanz, Kosten- und Leistungsrechnung etc.
MEHR URLAUB ALS ARBEIT?
Hier folgt der zweite Teil des Berichts von David Ehl.
Manche Menschen sagen, die Studenten in Deutschland hätten
mehr Urlaub als Arbeit.
Und das scheint auch wirklich wahr zu sein, denn die Lehrveran-
staltungen an der Uni finden nur in der „Vorlesungszeit'
1
statt, und die
dauert nur rund 14 Wochen pro Semester. Bei zwei Semestern im Jahr
macht das knapp 30 Wochen Unterricht. Zieht man nun noch die Wo-
chenenden ab und die zusätzlichen Feiertage wie von Weihnachten bis
Sylvester, um Ostern, Pfingsten und all die anderen freien Tage kann
man es tatsächlich beweisen: Deutsche Studenten sind nicht einmal die
Hälfte des Jahres in der Universität!
Ein langes Wochenende
Zu all dem kommt noch hinzu, dass jeder Student aus vielen Al-
ternativen wählen kann, welche Vorlesungen und Seminare er besuchen
möchte. Viele meiner Kommilitonen schaffen es, sich einen Stunden-
Automaten überall an der Uni Geld aufladen kann – und dann zahle ich mand von der Klausur des Nachbarn abschreiben konnte, passten in die mit den Karten bargeldlos das Essen, Kopien oder Ausdrucke vom gigantische Uni-Sporthalle nur 400 Leute. Weitere 1000 waren damit Computer, die ich an der Universität mache. noch nicht untergebracht, für die mietete unser Professor eine noch viel Dabei ist die Universität in Passau gar nicht so schrecklich groß, größere Kongresshalle an. Jeder Student bekam eine Tischnummer zu- „nur" 9000 Studenten lernen hier. Zum Vergleich: Deutschlands größte gewiesen und musste dann in der Halle seinen Platz finden. Während Universität (in Köln) hat 60 000 Studenten. Aber für mich sind 9000 der Prüfung gab es dann über Lautsprecher die Anweisungen („Bitte Kommilitonen schon eine ganze Menge. halten Sie Ihre Ausweispapiere und Studentenausweis für eine Überprü- fung ihrer Identität bereit und „Bitte beenden Sie Ihre Arbeit jetzt, le- Vorlesung in vollen Sälen gen Sie den Stift zur Seite und drehen Sie die Prüfungsunterlagen um"). Besonders schlimm war es in unserer Vorlesung für „Betriebliches Ich kann Euch sagen, an dem Tag, an dem wir diese Klausur in Rechnungswesen"2, die ich einmal pro Woche zwei Stunden besuchte. Rechnungswesen schrieben, war schon eine tolle Stimmung in der Die Vorlesung fand im größten Saal der ganzen Uni mit 800 Plät- Stadt. Passau ist eine recht kleine Stadt mit nur 50 000 Einwohnern, und zen statt. Aber fast 1400 Studenten wollten den Professor hören. Ich 1400 davon schrieben an diesem Tag die schrecklich gefürchtete Rech- kam meistens eine halbe Stunde früher und bekam einen der letzten nungswesen-Klausur. Das ist jeder 35. Einwohner der Stadt, und ich Sitzplätze. Alle, die nach mir kamen, saßen dann auf dem Fußboden, in fand die Erleichterung am Abend wirklich spürbar. den Gängen, überall, bis es schließlich so eng im Raum war, dass man ___________________ sich kaum noch bewegen konnte. 1 etw. quietscht: etwas gibt durch Reibung einen hellen, schrillen Doch nach einigen Vorlesungen beschloss der Professor, dass es Ton von sich 2 (im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre) u.a. Buchfüh- so nicht weitergehen könne: Er nahm noch einen zweiten Raum in der rung und Bilanz, Kosten- und Leistungsrechnung etc. Nähe dazu, mit weiteren 400 Plätzen. Im Hauptraum waren also die meisten Studenten, der Professor und – eine Kamera. Die filmte die MEHR URLAUB ALS ARBEIT? Vorlesung und übertrug sie sofort live in den Nebenraum, wo die restli- chen Studenten saßen und auf einer Leinwand sehen konnten, was der Hier folgt der zweite Teil des Berichts von David Ehl. Professor über Auslandsschulden und Aktiengesellschaften zu sagen Manche Menschen sagen, die Studenten in Deutschland hätten hatte. mehr Urlaub als Arbeit. Und das scheint auch wirklich wahr zu sein, denn die Lehrveran- Prüfung mit eigenem Tisch staltungen an der Uni finden nur in der „Vorlesungszeit'1 statt, und die Viel krasser als die wöchentliche Vorlesung war allerdings die dauert nur rund 14 Wochen pro Semester. Bei zwei Semestern im Jahr Prüfung am Ende des Semesters. Für die Prüfung sollte natürlich jeder macht das knapp 30 Wochen Unterricht. Zieht man nun noch die Wo- Student einen eigenen Tisch bekommen, damit man nicht abgucken chenenden ab und die zusätzlichen Feiertage wie von Weihnachten bis kann. Doch an unserer Universität gab es nun einmal keine größeren Sylvester, um Ostern, Pfingsten und all die anderen freien Tage kann Räume als die beiden, in denen die normale Vorlesung stattfand – und man es tatsächlich beweisen: Deutsche Studenten sind nicht einmal die die waren total voll, wenn wir alle da waren. Was also machte unser Hälfte des Jahres in der Universität! Professor? Er steckte uns alle in die Sporthalle der Universität, eine rie- sige Halle, die sich sonst in vier Felder unterteilen lässt. Das war plötz- Ein langes Wochenende lich unser gigantischer Prüfungsraum. Das war zwar riesig, aber reichte Zu all dem kommt noch hinzu, dass jeder Student aus vielen Al- noch lange nicht: Weil jeder einen eigenen großen Tisch hatte und zwi- ternativen wählen kann, welche Vorlesungen und Seminare er besuchen schen den Tischen noch genügend Platz war, damit auch wirklich nie- möchte. Viele meiner Kommilitonen schaffen es, sich einen Stunden- 71 72
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