Методические указания для чтения и анализа художественных произведений современных немецкоязычных авторов по теме "Женщины в современном обществе" для студентов 4 курса отделения немецкого языка факультета филологии и журналистики - 13 стр.

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Es ist nämlich so: Entweder ich bin von Sinnen, oder ihre Stadt ist auf ein
Verbrechen gegründet. Nein, glaub mir, ich bin ganz klar, mir ist ganz klar, was ich da
sage oder denke, ich habe ja den Beweis gefunden, mit diesen Händen habe ich ihn
betastet, ach, Hochmut ist es nicht, was mich jetzt bedroht. Ich bin ihr doch nachgegan-
gen, der Frau, vielleicht wollte ich auch Jason eine Lehre erteilen, der geduldet hatte,
dass man mich an das Ende der Tafel zwischen die Dienstleute setzte, richtig, das habe
ich nicht geträumt, das war gestern. Jedenfalls sind es die höheren Dienstleute, hat er
kläglich gesagt, mach keinen Skandal, Medea, nur heute nicht, ich bitte dich, du weißt,
was auf dem Spiel steht, das Ansehen des Königs vor all den ausländischen Gästen. Ach
Jason, streng dich nicht an. Er hat noch nicht begriffen, dass König Kreon mich nicht
mehr kränken kann, aber darum geht es jetzt nicht, ich muss meinen Kopf frei haben.
Ich muss mir versprechen, dass ich mit keiner Menschenseele jemals über meine
Entdeckung reden werde, am liebsten würde ich es so machen, wie wir es als Kinder
gemacht haben, Chalkiope und ich, weißt du das, Mutter, wir wickelten unser
Geheimnis fest in ein Blatt ein und aßen es auf, indem wir ins unverwandt in die Augen
blickten, unsere Kindheit, nein, das ganze Kolchis war voller dunkler Geheimnisse, und
als ich hier ankam, als Flüchtling in König Kreons schimmernder Stadt Korinth, da
dachte ich neidvoll: Diese hier haben keine Geheimnisse. Und das glauben sie auch
selbst von sich, das macht sie so überzeugend, mit jedem Blick, mit jeder ihrer
maßvollen Bewegungen schärfen sie dir ein: Es gibt einen Ort auf der Welt, da kann der
Mensch glücklich sein, und spät erst ging mir auf, dass sie es dir sehr übel nehmen,
wenn du ihnen ihr Glück bezweifelst. Aber darum geht es doch gar nicht, was ist nur
mit meinem Kopf, dass er die Gedanken in ganzen Schwärmen los lässt, warum fällt es
mir so schwer, den einen Gedanken aus dem Schwärm herauszufischen, den ich
brauche.
Ich hatte das Glück, dass ich an der Tafel des Königs zwischen meinen Freund
Leukon, den zweiten Astronomen des Königs, und Telamon zu sitzen kam, den kennst
du auch, Mutter, es war derjenige der Argonauten, der zusammen mit Jason in unseren
Palast kam, nachdem sie an der Küste von Kolchis gelandet waren, ich musste mich
also nicht langweilen beim Festmahl, denn Leukon ist ein kluger Mann, mit dem ich
gerne rede, es ist eine Sympathie zwischen uns, und Telamon, ein wenig ungefüge, aber
mir treu ergeben seit jenem ersten Nachmittag in Kolchis vor so vielen Jahren, die ich
kaum zählen kann, er versucht, in meiner Gegenwart besonders witzig, auch besonders
obszön zu sein, wir hatten zu lachen, und ich, entschlossen, den König von meinem
minderen Platz aus zu strafen, legte das Benehmen einer Königstochter an den Tag, die
ich allerdings auch bin, nicht wahr Mutter, die Tochter einer großen Königin. Es fiel mir
nicht schwer, Aufmerksamkeit zu erregen und Respekt einzufordern, selbst von den
fremden Gesandten aus Libyen und von den Inseln im Mittelmeer, Telamon spielte mit,
wir brachten den armen Jason in die Klemme, hin- und hergerissen zwischen der
Botmäßigkeit gegenüber einem König, von dem wir allerdings abhängen, und seiner Ei-
fersucht, trank er mir verstohlen zu und beschwor mich mit Blicken, meinen Übermut
nicht zu weit zu treiben, aber wenn der König zu einer seiner Tiraden ansetzte, musste
er an seinen Lippen hängen. An unserem Tischende war es lustig, jetzt fällt mir alles