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wörtlichen Ebene verwendet, sondern man meint einen intellektuellen Vorgang
(Duden 11: 'jmdm. wird plötzlich etwas klar'). Ferner wird aus der Bibclstelle
nicht ersichtlich, was es mit den Schuppen auf sich hat. Schließlich könnte der
Verweis auf die biblische Herkunft die (irrige) Schlußfolgerung nahelegen, der
Ausdruck gehöre in einen stilistisch gehobenen, womöglich gar religiösen
Bereich. Diese falsche Fährte wird noch deutlicher j angeboten bei der
Redensart jmdm./für jmdn. ein Buch mit sieben Siegeln sein (Duden 11:
"jmdm. dunkel und unverständlich bleiben"). Dazu sagt die Radio Redakteurin,
man meine mit dem Buch in der Redensart „ein Buch, das ganz besonders gut
verschlossen ist. Aber noch mehr: ein Buch, das wir nicht aus eigener Kraft
lesen oder verstehen können, eigentlich ein Buch, das Gott selber öffnen muß.
ein Buch, das wir nur begreifen können, wenn Gott uns dalici hilft" (Häcki
Buhofer 1987, 72). Demgegenüber zeigt die Bedcutungserläüterung in Duden
11. daß das. was jmdm. unverständlich ist, in keiner Weise -|und schon gar
nicht religiös - eingeschränkt ist. Mit der Erklärung der Radiosendung wird
man also nicht nur in stilistischer, sondern auch in semantischer Hinsicht
fchlgeleitet.
Was in phraseodidaktischen Texten oder in der genannten Radiosendung
passiert, ist aber nicht nur ein „Fehler" der Vermittlung von Phraseologie, sondern
darin spiegelt sich eine generelle Haltung, die man als ..Laie" gegenüber Sprache,
und insbesondere gegenüber Phraseologie einniinrnt und die man als
„volksetymologisch" oder „laienlinguistisch" bezeichnet: Man versucht, wo immer
möglich. Undurchsichtiges durchsichtig zu machen. Unmotiviertes zu motivieren,
eine Art von subjektiver Verständlichkeit zu erreichen. Dieses volksetymologische
Verfahren hat nichts mit wissenschaftlicher Etymologie zu tun, es ist auch nicht
einfach eine unwissenschaftlich-fehlerhafte Art, der „ursprünglichen" Bedeutung von
sprachlichen Zeichen auf die Spur zu kommen, sondern es ist ein durchaus kreatives
Verfahren, mit Sprache umzugehen. So erklärt es sich z. B., daß manche
Phraseologismcn mit unikalen Elementen wieder revitalisiert werden können (z. B.
Lappen in jmdm. durch die Lappen gehen, vgl. 8.2.3.).
Wenn man sich für die Geschichte eines Phrascologismus interessiert, dann
wird man zunächst einmal in der kulturhistorisch «nübertrcfflichen Fundgrube des
„Lexikons der sprichwörtlichen Redensarten" von Lutz Röhrich (1991 f.)
nachschlagen. Wenn man aber dort, wo einem das historische Problem unmittelbar
begegnet, nämlich in historischen Texten, nach einer Erklärung sucht, ist man vorerst
weitgehend allein gelassen. Das führt uns zum dritten Problembereich.
3) Jemand liest einen älteren Text und stößt dabei auf Ausdrücke, die ihm nicht
oder nur teilweise verständlich sind oder die ihm zwar bekannt vorkommen, aber in
einer etwas anderen Formulierung oder etwas anderer Bedeutung. Wir wollen diesen
Aspekt genauer diskutieren, und zwar an Texten aus der Zeit des ausgehenden 18.
und beginnenden 19. Jahrhunderts.
wörtlichen Ebene verwendet, sondern man meint einen intellektuellen Vorgang
(Duden 11: 'jmdm. wird plötzlich etwas klar'). Ferner wird aus der Bibclstelle
nicht ersichtlich, was es mit den Schuppen auf sich hat. Schließlich könnte der
Verweis auf die biblische Herkunft die (irrige) Schlußfolgerung nahelegen, der
Ausdruck gehöre in einen stilistisch gehobenen, womöglich gar religiösen
Bereich. Diese falsche Fährte wird noch deutlicher j angeboten bei der
Redensart jmdm./für jmdn. ein Buch mit sieben Siegeln sein (Duden 11:
"jmdm. dunkel und unverständlich bleiben"). Dazu sagt die Radio Redakteurin,
man meine mit dem Buch in der Redensart „ein Buch, das ganz besonders gut
verschlossen ist. Aber noch mehr: ein Buch, das wir nicht aus eigener Kraft
lesen oder verstehen können, eigentlich ein Buch, das Gott selber öffnen muß.
ein Buch, das wir nur begreifen können, wenn Gott uns dalici hilft" (Häcki
Buhofer 1987, 72). Demgegenüber zeigt die Bedcutungserläüterung in Duden
11. daß das. was jmdm. unverständlich ist, in keiner Weise -|und schon gar
nicht religiös - eingeschränkt ist. Mit der Erklärung der Radiosendung wird
man also nicht nur in stilistischer, sondern auch in semantischer Hinsicht
fchlgeleitet.
Was in phraseodidaktischen Texten oder in der genannten Radiosendung
passiert, ist aber nicht nur ein „Fehler" der Vermittlung von Phraseologie, sondern
darin spiegelt sich eine generelle Haltung, die man als ..Laie" gegenüber Sprache,
und insbesondere gegenüber Phraseologie einniinrnt und die man als
„volksetymologisch" oder „laienlinguistisch" bezeichnet: Man versucht, wo immer
möglich. Undurchsichtiges durchsichtig zu machen. Unmotiviertes zu motivieren,
eine Art von subjektiver Verständlichkeit zu erreichen. Dieses volksetymologische
Verfahren hat nichts mit wissenschaftlicher Etymologie zu tun, es ist auch nicht
einfach eine unwissenschaftlich-fehlerhafte Art, der „ursprünglichen" Bedeutung von
sprachlichen Zeichen auf die Spur zu kommen, sondern es ist ein durchaus kreatives
Verfahren, mit Sprache umzugehen. So erklärt es sich z. B., daß manche
Phraseologismcn mit unikalen Elementen wieder revitalisiert werden können (z. B.
Lappen in jmdm. durch die Lappen gehen, vgl. 8.2.3.).
Wenn man sich für die Geschichte eines Phrascologismus interessiert, dann
wird man zunächst einmal in der kulturhistorisch «nübertrcfflichen Fundgrube des
„Lexikons der sprichwörtlichen Redensarten" von Lutz Röhrich (1991 f.)
nachschlagen. Wenn man aber dort, wo einem das historische Problem unmittelbar
begegnet, nämlich in historischen Texten, nach einer Erklärung sucht, ist man vorerst
weitgehend allein gelassen. Das führt uns zum dritten Problembereich.
3) Jemand liest einen älteren Text und stößt dabei auf Ausdrücke, die ihm nicht
oder nur teilweise verständlich sind oder die ihm zwar bekannt vorkommen, aber in
einer etwas anderen Formulierung oder etwas anderer Bedeutung. Wir wollen diesen
Aspekt genauer diskutieren, und zwar an Texten aus der Zeit des ausgehenden 18.
und beginnenden 19. Jahrhunderts.
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