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konventionellen Phraseologie, z. T. auch eine überraschende Unkenntnis von
Ausdrücken, die man tagtäglich in der Presse vorfindet. Eine große Diskrepanz
besteht zwischen der (passiven) Kenntnis der untersuchten Phraseologismen und der
Einschätzung, die die Versuchspersonen bezüglich ihrer eigenen Verwendung der
Ausdrücke vornehmen. Viele Ausdrücke, die sie kennen, verwenden sie selber nicht.
Aufgefordert, ihre Dislan-ziertheit zu begründen, geben sie am häufigsten zwei
Typpn von Antworten: (1) eine diachron ausgerichtete stilistische Kritik (mit
Wertungen wie ..zu all-modisch", „zu antiquiert", „zu traditionell", „unzeitgemäß".
..veraltet", „alte Sprache") und (2) eine Kritik an den Ausgangsbereichen der
Metaphorik (vgl. 4.1.) bzw. der jesveiligen Lesart, die sie für die semantische Basis
der Idiome halten. Komponenten, die auf einen ländlich-bäuerlicji-handwcrkiichen
Ausgangsbereich, auf den religiösen Bereich, abeFauch aiil die Bereiche der Jagd und
der gewaltsamen Auseinandersetzung hindeuten; diskreditieren die betreffenden
Idiome. Besonders davon betroffen sind Phraseologismen mit traditionell orientierten
Ausgangsbereiehen wie seinen Seiten 'zu ctw. geben, sich bis aufs Hemd ausziehen,
das Kriegsbeil begraben, alle's Vlber einen Leisten schlagen, einen Bock schießen.
Die Versuchspersonen. dic\licse Wendungen nicht selber gebrauchen, begründen dies
mit Formulierungen wie „bin kein Bauer", „hört man in der Kirche" (beides zu jitulin.
seincii Segen zu ctw. geben). Zu einen Bock schießen wird gesagt: „bin kein Jäger,",
..Jägermilieu isl mir nicht so vertraut".
2) Jemand interessiert sich aulgrund der ..Merkwürdigkeit"; der „Bildlichkeit"
o. ä. eines Phraseologisnms für dessen Herkunft (..Etymologie"). Das kann in
schulischen oder journalistischen oder auch ganz individuellen Zusammenhängen der
Fall sein. Man weiß, was der Ausdruck heutzutage bedeutet, wozu man ihn
normalerweise verwendet, aber man fragt sich, warum gerade dieser Ausdruck für
gerade diesen Zweck verwendet wird. Linguistisch betrachtet, heißt das, daß man ein
und dasselbe sprachliche Zeichen, also beispielsweise auch ein komplexes Zeichen
wie einen Phraseologismus, unter synchroner (auf die jeweilige Gegenwart
bezogener) und diachroner (auf seinen Platz in der geschichtlichen Entwicklung
bezogener) Perspektive bell achten kann.
Etwas auf dem Kerbholz haben heißl heute 'etwas Unrechtes, eine Straftat
begangen haben, sich etwas zuschulden kommen lassen haben' (Duden 11). Im
Hinblick auf das heutige Deutsch ist dies also der synchrone Aspekt. Den diachronen
Aspekt im allgemeinen spricht Duden 11 in der Einleitung so an: „Feste Wendungen
wecken häufig den Wunsch nach Erklärung ihrer sprachge-schichllichcn Entstehung:
wo eine solche Erklärung sinnvoll und nach dem Stand der Forschung möglich ist,
schließt sie die Darstellung der festen Wendung ab." (S. 17) So heißl es dann konkret
zu der obigen Redensart: „Die Wendung bezieht sich auf das bis ins 18. Jh.
verwendete Kerbholz, das dazu diente, Warenlieferungen, Arbeitsleistungen und
Schulden aufzuzeichnen. (...) Die Bedeutung 'sich etwas zuschulden kommen lassen
haben" hat sich aus 'Schulden haben' entwickelt." Aus der sprachgeschichtlichen
Erklärung geht (implizit) hervor, daß die heutige Bedeutung nicht dieselbe ist wie die
historisch ursprüngliche, daß aber die heutige Bedeutung aus der historischen
Entwicklung verständlich wird. Die ursprüngliche semantische Basis eines
Phrascologisnuis bezeichnen wir als Motivationsbasis.
konventionellen Phraseologie, z. T. auch eine überraschende Unkenntnis von
Ausdrücken, die man tagtäglich in der Presse vorfindet. Eine große Diskrepanz
besteht zwischen der (passiven) Kenntnis der untersuchten Phraseologismen und der
Einschätzung, die die Versuchspersonen bezüglich ihrer eigenen Verwendung der
Ausdrücke vornehmen. Viele Ausdrücke, die sie kennen, verwenden sie selber nicht.
Aufgefordert, ihre Dislan-ziertheit zu begründen, geben sie am häufigsten zwei
Typpn von Antworten: (1) eine diachron ausgerichtete stilistische Kritik (mit
Wertungen wie ..zu all-modisch", „zu antiquiert", „zu traditionell", „unzeitgemäß".
..veraltet", „alte Sprache") und (2) eine Kritik an den Ausgangsbereichen der
Metaphorik (vgl. 4.1.) bzw. der jesveiligen Lesart, die sie für die semantische Basis
der Idiome halten. Komponenten, die auf einen ländlich-bäuerlicji-handwcrkiichen
Ausgangsbereich, auf den religiösen Bereich, abeFauch aiil die Bereiche der Jagd und
der gewaltsamen Auseinandersetzung hindeuten; diskreditieren die betreffenden
Idiome. Besonders davon betroffen sind Phraseologismen mit traditionell orientierten
Ausgangsbereiehen wie seinen Seiten 'zu ctw. geben, sich bis aufs Hemd ausziehen,
das Kriegsbeil begraben, alle's Vlber einen Leisten schlagen, einen Bock schießen.
Die Versuchspersonen. dic\licse Wendungen nicht selber gebrauchen, begründen dies
mit Formulierungen wie „bin kein Bauer", „hört man in der Kirche" (beides zu jitulin.
seincii Segen zu ctw. geben). Zu einen Bock schießen wird gesagt: „bin kein Jäger,",
..Jägermilieu isl mir nicht so vertraut".
2) Jemand interessiert sich aulgrund der ..Merkwürdigkeit"; der „Bildlichkeit"
o. ä. eines Phraseologisnms für dessen Herkunft (..Etymologie"). Das kann in
schulischen oder journalistischen oder auch ganz individuellen Zusammenhängen der
Fall sein. Man weiß, was der Ausdruck heutzutage bedeutet, wozu man ihn
normalerweise verwendet, aber man fragt sich, warum gerade dieser Ausdruck für
gerade diesen Zweck verwendet wird. Linguistisch betrachtet, heißt das, daß man ein
und dasselbe sprachliche Zeichen, also beispielsweise auch ein komplexes Zeichen
wie einen Phraseologismus, unter synchroner (auf die jeweilige Gegenwart
bezogener) und diachroner (auf seinen Platz in der geschichtlichen Entwicklung
bezogener) Perspektive bell achten kann.
Etwas auf dem Kerbholz haben heißl heute 'etwas Unrechtes, eine Straftat
begangen haben, sich etwas zuschulden kommen lassen haben' (Duden 11). Im
Hinblick auf das heutige Deutsch ist dies also der synchrone Aspekt. Den diachronen
Aspekt im allgemeinen spricht Duden 11 in der Einleitung so an: „Feste Wendungen
wecken häufig den Wunsch nach Erklärung ihrer sprachge-schichllichcn Entstehung:
wo eine solche Erklärung sinnvoll und nach dem Stand der Forschung möglich ist,
schließt sie die Darstellung der festen Wendung ab." (S. 17) So heißl es dann konkret
zu der obigen Redensart: „Die Wendung bezieht sich auf das bis ins 18. Jh.
verwendete Kerbholz, das dazu diente, Warenlieferungen, Arbeitsleistungen und
Schulden aufzuzeichnen. (...) Die Bedeutung 'sich etwas zuschulden kommen lassen
haben" hat sich aus 'Schulden haben' entwickelt." Aus der sprachgeschichtlichen
Erklärung geht (implizit) hervor, daß die heutige Bedeutung nicht dieselbe ist wie die
historisch ursprüngliche, daß aber die heutige Bedeutung aus der historischen
Entwicklung verständlich wird. Die ursprüngliche semantische Basis eines
Phrascologisnuis bezeichnen wir als Motivationsbasis.
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