Deutsch fur Psychologen. Степанова Л.А. - 145 стр.

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daher für mich des Gefühles der Richtung entbehren, obschon ich nachträglich zur Aner-
kennung ihres Gerichtetseins durch einen aktiven Apperzeptionsakt gelangen kann. Das
aktive Denken würde demnach Begriff des gerichteten Denkens entsprechen. Das passive
Denken ist in meiner unten zitierten Arbeit ungenügend als "Phantasieren" gekennzeichnet
worden. Ich würde es heute als intuitives Denken bezeichnen.
Ein einfaches Aneinanderreihen von Vorstellungen, was von gewissen Psychologen
als assoziatives Denken bezeichnet wird, ist für mich kein Denken, sondern bloßes Vor-
stellen. Von Denken sollte man m. E. nur da sprechen, wo es sich um die Verbindung von
Vorstellungen durch einen Begriff handelt, wo also m. a. W. ein Urteilsakt vorliegt, gleich-
viel, ob dieser Urteilsakt unserer Absicht entspringt oder nicht.
Das Vermögen des gerichteten Denkens bezeichne ich als Intellekt, das Vermögen
des passiven oder nicht gerichteten Denkens bezeichne ich als intellektuelle Intuition. Ich
bezeichne ferner das gerichtete Denken, den Intellekt, als rationale Funktion, indem es
nach der Voraussetzung der mir bewussten vernünftigen Norm die Vorstellungsinhalte un-
ter Begriffen anordnet. Dagegen ist für mich das nichtgerichtete Denken, die intellektuelle
Intuition, eine irrationale Funktion, indem es die Vorstellungsinhalte nach mir unbewusste
und darum nicht als vernunftsgemäß erkannten Normen beurteilt und anordnet. Ich kann
aber gegebenenfalls nachträglich erkennen, dass auch der intuitive Urteilsakt der Vernunft
entspricht, obschon er auf einem mir irrational erscheinenden Wege zustande gekommen
ist. (GW 6, §774 ff.) [ 9 ]
Freud, Sigmund (1856-1939), österreichischer Arzt, Neurologe und Begründer der
Psychoanalyse.
Freud wurde am 6. Mai 1856 in Freiberg (heute Pribor, Tschechische Republik) ge-
boren. Als er drei Jahre alt war, floh seine Familie vor antisemitischen Ausschreitungen
aus Freiberg nach Leipzig. Kurz darauf ließ sie sich in Wien nieder, wo Freud den größten
teil seines Lebens verbrachte. Er studierte an der Universität Wien.
Freud wollte von Kindheit an Jurist werden, entschied sich jedoch kurz vor Aufnah-
me des Studiums anders und schrieb sich 1873 an der Universität Wien in Medizin ein. In-
spiriert von Goethes Naturforschungen trieb ihn der intensive Wunsch, eine Naturwissen-
schaft zu studieren und sich an der Lösung der komplexen Probleme zu beteiligen, vor die
sich die Wissenschaft seiner Zeit gestellt sah.
In seinem dritten Studienjahr begann Freud unter der Leitung des deutschen Arztes
Ernst Wilhelm von Brücke im physiologischen Labor mit Forschungsarbeiten zum Zentral-