Практика перевода по немецкому языку. Арзамасцева И.В. - 120 стр.

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Darf der Gedanke nicht zugelassen werden, dass Frauen Kinder wollen und nicht
dazu gezwungen werden? Dass sie diese Kinder auch erleben und nicht ausschließlich
einer wie auch immer organisierten Betreuung anvertrauen möchten? Entspricht das
nicht – Entschuldigung, Frau Schwarzer – einem natürlichem Empfinden, das
vielleicht von Frauen, die sich bewusst gegen eigene Kinder entschieden haben, nicht
nachvollzogen werden kann? Was ist vor diesem Hintergrund so falsch an dem Satz
der Familienministerin: „Dass das Geschlecht nichts mit Biologie zu tun hat, sondern
nur von der Umwelt geschaffen wird – das hat mich schon als Schülerin nicht
überzeugt.“?
Als „hoffnungslosen Fall“ bezeichnet die Frauenrechtlerin die Frauenministerin,
nicht zuletzt deshalb, weil diese Junge fördern möchte. Mag sein, dass es keine
wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, wie Schwarzer schreibt, dass eine Übermacht
weiblicher Pädagogen das Lernen von Jungs behindert. Sicher stimmt es, dass
Halbstarke es eher uncool finden zu lernen und cooler zu pöbeln. Das Problem ist aber
doch, dass die überwiegend weiblich dominierten Lehrerkollegien damit vielfach nicht
umgehen können. Dem Bewegungsdrang von Jungen wird in der Schule oft ebenso
wenig entsprochen, wie ihr selbstverständliches Kräftemessen richtig verstanden wird.
Schnell erhalten sie so den Stempel von Störern und unsozialen Wesen. Manches
„Konfliktgespräch“ könnte man sich schlicht sparen, wenn Jungs den einen oder
anderen kleineren Konflikt selbst austragen dürften. Daher ist es nur zu begrüßen,
wenn die Ministerin prüfen lässt, wie die Pädagogik Mädchen wie Jungen
gleichermaßen gerecht werden kann. Das macht Kristina Schröder noch nicht zu einer
erfolgreichen Ministerin. Zur Kritik an ihr taugt dieser Punkt jedoch nicht.
In der „taz“, wahrlich kein Blatt, dass des Anti-Feminismus verdächtig wäre,
schreibt der Schriftsteller Ralf Bönt in dieser Woche ein denkwürdiger Satz: „Lese ich
aber Alice Schwarzers offenen Brief an die Ministerin Schröder, dann habe ich … das
Gefühl, dass sie die Frauen schwach und unterdrückt braucht, um sich als ihre Heldin
und Befreierin installieren zu können.“ Und weiter: Die Frauen heute „fühlen, dass die
alte Kämpferin genau jenen Weg versperrt, den sie öffnen wollte und geöffnet hat. Ihr
Feminismus kann sich in die Rente verabschieden“.
(Focus Freitag 12.11.2010)