Типология художественных текстов. Быкова О.И. - 38 стр.

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alle Menschen wären unter ihnen Brüder von dem ersten Vater Adam, und
heischet, daß ihn der Kaiser von dieser Bruderschaft wegen wollt begaben. Der
Kaiser gab dem Menschen, dessen Trotz ihm nicht recht wohl gefiel, nicht mehr
denn ein Kreuzer. Saget der Bettler: «Es geziemt sich nicht, großmächtigster
Kaiser, daß du deinem Bruder so ein schlechte Schenkung gebest, wo du so
reich bist». Sprach der Kaiser: «Fort mit dir! Wann dir ein jeglicher Bruder so
viel gibt, so wirst du reicher sein, denn ich bin».
Ein ander begehret vom Herzog von Sachsen ein Pfennig von wegen der
Freundschaft, damit sie miteinander verwandt wären; da fraget der Herzog,
woher diese Freundschaft käme, und der antwortet; «Von Adam, unser aller
Vater». Drauf der Herzog: «Gang hin! Dann wann ich solch Freunden allen
wollt ein Pfennig geben, würde weder mein Land noch mein väterlich Erb dazu
genugsam sein».
Text 12
Johann Wolfgang Goethe
Der Sänger
(1) Was hör’ ich draußen vor dem Tor,
was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
im Saale widerhallen!
Der König sprach’s, der Page lief;
der Knabe kam, der König rief:
Laßt mir herein den Alten!
(2) Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
gegrüßt ihr, schöne Damen!
Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?
Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
schließt, Augen, euch: Hier ist nicht Zeit,
sich staunend zu ergötzen.
(3) Der Sänger drückt’ die Augen ein
und schlug in vollen Tönen;
die Ritter schauten mutig drein,
und in den Schoß die Schönen.
Der König, dem das Lied gefiel,
ließ, ihn zu ehren für sein Spiel,
eine goldne Kette holen.
(4) Die goldne Kette gib mir nicht,
die Kette gib den Rittern,
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alle Menschen wären unter ihnen Brüder von dem ersten Vater Adam, und
heischet, daß ihn der Kaiser von dieser Bruderschaft wegen wollt begaben. Der
Kaiser gab dem Menschen, dessen Trotz ihm nicht recht wohl gefiel, nicht mehr
denn ein Kreuzer. Saget der Bettler: «Es geziemt sich nicht, großmächtigster
Kaiser, daß du deinem Bruder so ein schlechte Schenkung gebest, wo du so
reich bist». Sprach der Kaiser: «Fort mit dir! Wann dir ein jeglicher Bruder so
viel gibt, so wirst du reicher sein, denn ich bin».
      Ein ander begehret vom Herzog von Sachsen ein Pfennig von wegen der
Freundschaft, damit sie miteinander verwandt wären; da fraget der Herzog,
woher diese Freundschaft käme, und der antwortet; «Von Adam, unser aller
Vater». Drauf der Herzog: «Gang hin! Dann wann ich solch Freunden allen
wollt ein Pfennig geben, würde weder mein Land noch mein väterlich Erb dazu
genugsam sein».

    Text 12
                                                       Johann Wolfgang Goethe
    Der Sänger
                 (1) Was hör’ ich draußen vor dem Tor,
                     was auf der Brücke schallen?
                     Laß den Gesang vor unserm Ohr
                     im Saale widerhallen!
                     Der König sprach’s, der Page lief;
                     der Knabe kam, der König rief:
                     Laßt mir herein den Alten!

                 (2) Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
                     gegrüßt ihr, schöne Damen!
                     Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
                     Wer kennet ihre Namen?
                     Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
                     schließt, Augen, euch: Hier ist nicht Zeit,
                     sich staunend zu ergötzen.

                 (3) Der Sänger drückt’ die Augen ein
                     und schlug in vollen Tönen;
                     die Ritter schauten mutig drein,
                     und in den Schoß die Schönen.
                     Der König, dem das Lied gefiel,
                     ließ, ihn zu ehren für sein Spiel,
                     eine goldne Kette holen.

                 (4) Die goldne Kette gib mir nicht,
                     die Kette gib den Rittern,
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