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vor deren kühnem Angesicht
der Feinde Lanzen splittern;
gib sie dem Kanzler, den du hast,
und laß ihn noch die goldne Last
zu andern Lasten tragen.
(5) Ich singe wie der Vogel singt,
der in den Zweigen wohnet;
das Lied, das aus der Kehle dringt,
ist Lohn, der reichlich lohnet.
Doch darf ich bitten, bitt ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
in purem Golde reichen.
(6) Er setzt’ ihn an, er trank ihn aus:
O Trank voll süßer Labe!
O wohl dem hochbeglückten Haus,
wo das ist kleine Gabe!
Ergeht’s euch wohl, so denkt an mich,
und danket Gott so warm, als ich
für diesen Trunk euch danke.
Text 13
Heinrich Mann
Untertan (Auszug)
Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte, sich vor
allem fürchtete und viel an den Ohren litt. Ungern verließ er im Winter die
warme Stube, im Sommer den engen Garten, der nach den Lumpen der
Papierfabrik roch und über dessen Goldregen- und Fliederbäumen das hölzerne
Fachwerk der alten Häuser stand. Wenn Diederich vom Märchenbuch, dem
geliebten Märchenbuch, aufsah, erschrak er manchmal sehr. Neben ihm auf der
Bank hatte ganz deutlich eine Kröte gesessen halb so groß wie er selbst! Oder an
der Mauer dort drüben stak bis zum Bauch in der in der Erde ein Gnom und
schielte her! Fürchterlicher als Gnom und Kröte war der Vater, und obendrein
sollte man ihn lieben. Diederich liebte ihn. Wenn er genascht oder gelogen hatte,
drückte er sich so lange schmatzend und scheu wedelnd am Schreibpult umher,
bis Herr Heßling etwas merkte und den Stock von der Wand nahm. Jede nicht
herausgekommene Untat mischte in Diederichs Ergebenheit und Vertrauen
einen Zweifel. Als der Vater einmal mit seinem invaliden Bein die Treppe
herunterfiel, klatschte der Sohn wie toll in die Hände – worauf er weglief.
Kam er nach einer Abstrafung mit gedunsenem Gesicht und unter Geheul
an der Werkstätte vorbei, dann lachten die Arbeiter. Sofort aber streckte
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vor deren kühnem Angesicht der Feinde Lanzen splittern; gib sie dem Kanzler, den du hast, und laß ihn noch die goldne Last zu andern Lasten tragen. (5) Ich singe wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet; das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet. Doch darf ich bitten, bitt ich eins: Laß mir den besten Becher Weins in purem Golde reichen. (6) Er setzt ihn an, er trank ihn aus: O Trank voll süßer Labe! O wohl dem hochbeglückten Haus, wo das ist kleine Gabe! Ergehts euch wohl, so denkt an mich, und danket Gott so warm, als ich für diesen Trunk euch danke. Text 13 Heinrich Mann Untertan (Auszug) Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte, sich vor allem fürchtete und viel an den Ohren litt. Ungern verließ er im Winter die warme Stube, im Sommer den engen Garten, der nach den Lumpen der Papierfabrik roch und über dessen Goldregen- und Fliederbäumen das hölzerne Fachwerk der alten Häuser stand. Wenn Diederich vom Märchenbuch, dem geliebten Märchenbuch, aufsah, erschrak er manchmal sehr. Neben ihm auf der Bank hatte ganz deutlich eine Kröte gesessen halb so groß wie er selbst! Oder an der Mauer dort drüben stak bis zum Bauch in der in der Erde ein Gnom und schielte her! Fürchterlicher als Gnom und Kröte war der Vater, und obendrein sollte man ihn lieben. Diederich liebte ihn. Wenn er genascht oder gelogen hatte, drückte er sich so lange schmatzend und scheu wedelnd am Schreibpult umher, bis Herr Heßling etwas merkte und den Stock von der Wand nahm. Jede nicht herausgekommene Untat mischte in Diederichs Ergebenheit und Vertrauen einen Zweifel. Als der Vater einmal mit seinem invaliden Bein die Treppe herunterfiel, klatschte der Sohn wie toll in die Hände worauf er weglief. Kam er nach einer Abstrafung mit gedunsenem Gesicht und unter Geheul an der Werkstätte vorbei, dann lachten die Arbeiter. Sofort aber streckte 39
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