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2.1. Die Klassifikation von Typen der Kurzepik wurde von Andre Jolles
in seinem gleichnamigen Buch 1930 durch die von ihm geprägte Bezeichnung
einfache Formen für sich unter vorliterarischen Verhältnissen herausgebildete
Grundtypen der volkstümlichen Kurzepik erweitert: Legende, Sage, Mythe,
Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz. Er betrachtet sie als
Gebilde, «die sich sozusagen ohne Zutun eines Dichters, in der Sprache selbst
ereignen» [Jolles 1930/1974, 10]. Diese Auffassung geht auf eine ähnliche
Ansicht Jakob Grimms zurück. Jolles versteht die einfachen Formen nicht als
Gattungen im Sinne der normativen Poetik, sondern als vorgegebene Gestalten,
die Produkte (unbewußter) menschlicher Geistesbeschäftigungen sind.
Nach Jolles ist die Legende > lat. legenda = das zu lesende; die poetische
Form der Legende dient der Darstellung moralisch didaktischer oder menschlich
erhebender außerordentlicher Schicksale, die Imitatio des Heiligen, die der Sage
die familiale Welt (Familie, Stamm, Blutsverwandschaft), die der Mythe das
Wissen und das Weltwissen, des Rätsels die Problematisierung eines
Geheimnisses, beim Spruch sei die Zusammenfassung von Erfahrungsreihen,
beim Kasus das Abwägen von Normen, beim Memorabile die Konkretisierung
des Tatsächlichen im Bericht, beim Märchen die Überwindung der
unmoralischen Wirklichkeit und beim Witz die Komik als Entbindung des
Unzulänglichen und als Lösung der Spannungen.
In den letzten Jahrzehnten geht man davon aus, daß die einfachen Formen
psychische und funktionale Notwendigkeiten sind. All diese Formen entspringen
also Grundbedürfnissen der menschlichen Seele. Sie sind notwendig bedingte
Formen oder ontologische Gattungs-Archetypen. «Die Funktion der Sage etwas
ist es, über die resignierende Einstellung des Menschen zum Weltgeschehen
auszusagen, die der Legende, uns das Göttliche näherzurücken, die des
Märchens, eine sublimierte Welt transparent zu machen, in der sich alle
Sehnsüchte des menschlichen Herzens nach Glück und Erfüllung zu mythischer
Vollendung gestalten; die Wirkungsmacht der Mythe liegt in der Aussage
menschlichen Grübelns über das Verhältnis von dieser zu jener Welt, die des
Schwankes in der über die Macht der geistigen Freiheit, die im Gelächter über
alles Menschliche und Allzumenschliche gründet» [Jolles, ibidem].
Jolles Bestimmung der einfachen Formen unter Form- und Gestaltaspekt
läßt sich in einem handlungstheoretischen Ansatz wieder aufnehmen. Damit
hat Jolles einen Bestand an «kleinen» Textsorten gewählt, wie sie beim heutigen
Stand der Textlinguistik [vgl. Gobyn 1984] und der Ethnographie des Sprechens
[vgl. Hymes 1979] besonders interessant sein dürften. «Jolles weist auf die enge
Beziehung zwischen vorgegebener Form (modern: dem Prototypischen) und
verschiedenen Graden an Freiheit beim Ausfüllen dieser Form selbst (modern:
den Ermessensfreiräumen) hin» [Fix 1996, 111]. Jolles zeigt, daß er selbst das
Weiterleben der einfachen Formen in modernen Varianten gesehen hat. Er
vergleicht die Legende mit der Berichterstattung über Sportrekorde – über
Wunder berichten sie beide. «Wir könnten und sollten uns also ebenso fragen,
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2.1. Die Klassifikation von Typen der Kurzepik wurde von Andre Jolles in seinem gleichnamigen Buch 1930 durch die von ihm geprägte Bezeichnung einfache Formen für sich unter vorliterarischen Verhältnissen herausgebildete Grundtypen der volkstümlichen Kurzepik erweitert: Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz. Er betrachtet sie als Gebilde, «die sich sozusagen ohne Zutun eines Dichters, in der Sprache selbst ereignen» [Jolles 1930/1974, 10]. Diese Auffassung geht auf eine ähnliche Ansicht Jakob Grimms zurück. Jolles versteht die einfachen Formen nicht als Gattungen im Sinne der normativen Poetik, sondern als vorgegebene Gestalten, die Produkte (unbewußter) menschlicher Geistesbeschäftigungen sind. Nach Jolles ist die Legende > lat. legenda = das zu lesende; die poetische Form der Legende dient der Darstellung moralisch didaktischer oder menschlich erhebender außerordentlicher Schicksale, die Imitatio des Heiligen, die der Sage die familiale Welt (Familie, Stamm, Blutsverwandschaft), die der Mythe das Wissen und das Weltwissen, des Rätsels die Problematisierung eines Geheimnisses, beim Spruch sei die Zusammenfassung von Erfahrungsreihen, beim Kasus das Abwägen von Normen, beim Memorabile die Konkretisierung des Tatsächlichen im Bericht, beim Märchen die Überwindung der unmoralischen Wirklichkeit und beim Witz die Komik als Entbindung des Unzulänglichen und als Lösung der Spannungen. In den letzten Jahrzehnten geht man davon aus, daß die einfachen Formen psychische und funktionale Notwendigkeiten sind. All diese Formen entspringen also Grundbedürfnissen der menschlichen Seele. Sie sind notwendig bedingte Formen oder ontologische Gattungs-Archetypen. «Die Funktion der Sage etwas ist es, über die resignierende Einstellung des Menschen zum Weltgeschehen auszusagen, die der Legende, uns das Göttliche näherzurücken, die des Märchens, eine sublimierte Welt transparent zu machen, in der sich alle Sehnsüchte des menschlichen Herzens nach Glück und Erfüllung zu mythischer Vollendung gestalten; die Wirkungsmacht der Mythe liegt in der Aussage menschlichen Grübelns über das Verhältnis von dieser zu jener Welt, die des Schwankes in der über die Macht der geistigen Freiheit, die im Gelächter über alles Menschliche und Allzumenschliche gründet» [Jolles, ibidem]. Jolles Bestimmung der einfachen Formen unter Form- und Gestaltaspekt läßt sich in einem handlungstheoretischen Ansatz wieder aufnehmen. Damit hat Jolles einen Bestand an «kleinen» Textsorten gewählt, wie sie beim heutigen Stand der Textlinguistik [vgl. Gobyn 1984] und der Ethnographie des Sprechens [vgl. Hymes 1979] besonders interessant sein dürften. «Jolles weist auf die enge Beziehung zwischen vorgegebener Form (modern: dem Prototypischen) und verschiedenen Graden an Freiheit beim Ausfüllen dieser Form selbst (modern: den Ermessensfreiräumen) hin» [Fix 1996, 111]. Jolles zeigt, daß er selbst das Weiterleben der einfachen Formen in modernen Varianten gesehen hat. Er vergleicht die Legende mit der Berichterstattung über Sportrekorde über Wunder berichten sie beide. «Wir könnten und sollten uns also ebenso fragen, 8
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