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Ich muß deinem Vater doch sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut
wird. Denn das müßt ihr ja wissen.
Ja, rief Jürgen, ich warte. Ich muß ja noch aufpassen, bis es dunkel
wird. Ich warte bestimmt. Und er rief: Wir haben auch noch Bretter zu
Hause. Kistenbretter, rief er. Aber das hörte der Mann schon nicht
mehr. Er lief mit seinen krummen Beinen auf die Sonne zu. Die war
schon rot vom Abend und Jürgen konnte sehen, wie sie durch die Beine
hindurchschien, so krumm waren sie. Und der Korb schwenkte aufge-
regt hin und her. Kaninchenfutter war da drin. Grünes Kaninchenfutter,
das war etwas grau vom Schutt.
1. Welche Rolle spielen Epitheta in der Kurzgeschichte? Was für
Epitheta sind das?
2. Wie entwickelt sich die Handlung? Wann geschieht die
Veränderung von Statik zu Dynamik? Wie viele Teile kann man im
Text aussondern?
3. Bestimmen sie die Funktion der Wiederholungen in der
Kurzgeschichte, z.B. “krumme Beine”
4. Erklären sie die Funktion der Pronomina im Text?
Peter Bichsel
Die Tochter
Abends warteten sie auf Monika. Sie arbeitete in der Stadt, die
Bahnverbindungen sind schlecht. Sie, er und seine Frau, saßen am Tisch
und warteten auf Monika. Seit sie in der Stadt arbeitete, aßen sie erst
um halb acht. Früher hatten sie eine Stunde eher gegessen. Jetzt warte-
ten sie täglich eine Stunde am gedeckten Tisch, an ihren Plätzen, der
Vater oben, die Mutter auf dem Stuhl nahe der Küchentür, sie warteten
vor dem leeren Platz Monikas. Einige Zeit später dann auch vor dem
dampfenden Kaffee, vor der Butter, dem Brot, der Marmelade.
Sie war größer gewachsen als sie, sie war auch blonder und hatte die
Haut, die feine Haut der Tante Maria. “Sie war immer ein liebes Kind”,
sagte die Mutter, während sie warteten.
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In ihrem Zimmer hatte sie einen Plattenspieler und sie brachte oft
Platten mit aus der Stadt, und sie wusste, wer darauf sang. Sie hatte
auch einen Spiegel und verschiedene Fläschchen und Döschen, einen
Hocker aus marokkanischem Leder, eine Schachtel Zigaretten.
Der Vater holte sich seine Lohntüte auch bei einem Bürofräulein. Er
sah dann die vielen Stempel auf einem Gestell, bestaunte das sanfte Ge-
räusch der Rechenmaschine, die blondierten Haare des Fräuleins, sie
sagte freundlich “Bitte schön”, wenn er sich bedankte.
Über Mittag blieb Monika in der Stadt, sie aß eine Kleinigkeit, wie
sie sagte, in einem Tearoom. Sie war dann ein Fräulein, das in Tea-
rooms lächelnd Zigaretten raucht.
Oft fragten sie sie, was sie alles getan habe in der Stadt, im Büro. Sie
wusste aber nichts zu sagen.
Dann versuchten sie wenigstens sich genau vorzustellen, wie sie bei-
läufig in der Bahn ihr rotes Etui mit dem Abonnement aufschlägt und
vorweist, wie sie den Bahnsteig entlanggeht, wie sie sich auf dem Weg
ins Büro angeregt mit Freundinnen unterhält, wie sie den Gruß eines
Herrn lächelnd erwidert.
Und dann stellten sie sich mehrmals vor in dieser Stunde, wie sie
heimkommt, die Tasche und ein Modejournal unter dem Arm, ihr Par-
füm; stellten sich vor, wie sie sich an ihren Platz setzt, wie sie dann zu-
sammen essen würden.
Bald wird sie sich in der Stadt ein Zimmer nehmen, das wussten sie,
und dass sie dann wieder um halb sieben essen wurden, dass der Vater
nach der Arbeit wieder seine Zeitung lesen würde, dass es dann kein
Zimmer mehr mit Plattenspieler gäbe, keine Stunde des Wartens mehr.
Auf dem Schrank stand eine Vase aus blauem schwedischem Glas, eine
Vase aus der Stadt, ein Geschenkvorschlag aus dem Modejournal.
“Sie ist wie deine Schwester” sagte die Frau, “sie hat das alles von
deiner Schwester. Erinnerst du dich, wie schön deine Schwester singen
konnte?”
“Andere Mädchen rauchen auch”, sagte die Mutter.
“Ja”, sagte er, “das habe ich auch gesagt.”
“Ihre Freundin hat kürzlich geheiratet”, sagte die Mutter.
Sie wird auch heiraten, dachte er, sie wird in der Stadt wohnen.
Ich muß deinem Vater doch sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut In ihrem Zimmer hatte sie einen Plattenspieler und sie brachte oft wird. Denn das müßt ihr ja wissen. Platten mit aus der Stadt, und sie wusste, wer darauf sang. Sie hatte Ja, rief Jürgen, ich warte. Ich muß ja noch aufpassen, bis es dunkel auch einen Spiegel und verschiedene Fläschchen und Döschen, einen wird. Ich warte bestimmt. Und er rief: Wir haben auch noch Bretter zu Hocker aus marokkanischem Leder, eine Schachtel Zigaretten. Hause. Kistenbretter, rief er. Aber das hörte der Mann schon nicht Der Vater holte sich seine Lohntüte auch bei einem Bürofräulein. Er mehr. Er lief mit seinen krummen Beinen auf die Sonne zu. Die war sah dann die vielen Stempel auf einem Gestell, bestaunte das sanfte Ge- schon rot vom Abend und Jürgen konnte sehen, wie sie durch die Beine räusch der Rechenmaschine, die blondierten Haare des Fräuleins, sie hindurchschien, so krumm waren sie. Und der Korb schwenkte aufge- sagte freundlich “Bitte schön”, wenn er sich bedankte. regt hin und her. Kaninchenfutter war da drin. Grünes Kaninchenfutter, Über Mittag blieb Monika in der Stadt, sie aß eine Kleinigkeit, wie das war etwas grau vom Schutt. sie sagte, in einem Tearoom. Sie war dann ein Fräulein, das in Tea- rooms lächelnd Zigaretten raucht. 1. Welche Rolle spielen Epitheta in der Kurzgeschichte? Was für Oft fragten sie sie, was sie alles getan habe in der Stadt, im Büro. Sie Epitheta sind das? wusste aber nichts zu sagen. Dann versuchten sie wenigstens sich genau vorzustellen, wie sie bei- 2. Wie entwickelt sich die Handlung? Wann geschieht die läufig in der Bahn ihr rotes Etui mit dem Abonnement aufschlägt und Veränderung von Statik zu Dynamik? Wie viele Teile kann man im vorweist, wie sie den Bahnsteig entlanggeht, wie sie sich auf dem Weg Text aussondern? ins Büro angeregt mit Freundinnen unterhält, wie sie den Gruß eines 3. Bestimmen sie die Funktion der Wiederholungen in der Herrn lächelnd erwidert. Kurzgeschichte, z.B. “krumme Beine” Und dann stellten sie sich mehrmals vor in dieser Stunde, wie sie 4. Erklären sie die Funktion der Pronomina im Text? heimkommt, die Tasche und ein Modejournal unter dem Arm, ihr Par- füm; stellten sich vor, wie sie sich an ihren Platz setzt, wie sie dann zu- sammen essen würden. Bald wird sie sich in der Stadt ein Zimmer nehmen, das wussten sie, Peter Bichsel und dass sie dann wieder um halb sieben essen wurden, dass der Vater Die Tochter nach der Arbeit wieder seine Zeitung lesen würde, dass es dann kein Abends warteten sie auf Monika. Sie arbeitete in der Stadt, die Zimmer mehr mit Plattenspieler gäbe, keine Stunde des Wartens mehr. Bahnverbindungen sind schlecht. Sie, er und seine Frau, saßen am Tisch Auf dem Schrank stand eine Vase aus blauem schwedischem Glas, eine und warteten auf Monika. Seit sie in der Stadt arbeitete, aßen sie erst Vase aus der Stadt, ein Geschenkvorschlag aus dem Modejournal. um halb acht. Früher hatten sie eine Stunde eher gegessen. Jetzt warte- “Sie ist wie deine Schwester” sagte die Frau, “sie hat das alles von ten sie täglich eine Stunde am gedeckten Tisch, an ihren Plätzen, der deiner Schwester. Erinnerst du dich, wie schön deine Schwester singen Vater oben, die Mutter auf dem Stuhl nahe der Küchentür, sie warteten konnte?” vor dem leeren Platz Monikas. Einige Zeit später dann auch vor dem “Andere Mädchen rauchen auch”, sagte die Mutter. dampfenden Kaffee, vor der Butter, dem Brot, der Marmelade. “Ja”, sagte er, “das habe ich auch gesagt.” Sie war größer gewachsen als sie, sie war auch blonder und hatte die “Ihre Freundin hat kürzlich geheiratet”, sagte die Mutter. Haut, die feine Haut der Tante Maria. “Sie war immer ein liebes Kind”, Sie wird auch heiraten, dachte er, sie wird in der Stadt wohnen. sagte die Mutter, während sie warteten. 65 66
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