Введение в анализ литературного текста. Евтугова Н.Н. - 36 стр.

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Boot mehr käme!” Und dann kam auch keins mehr. Die Jachten lagen
mit eingezogenen Segeln in den Buchten, und der See spiegelte die
Lichter des Hotels. Dichter Nebel begann aufzusteigen, der Mann fuhr
kreuz und quer und dann die Ufer entlang, irgendwo schwamm noch ein
Mädchen und warf sich den Wellen nach, die sein Boot warf, und ging
auch an Land.
Aber er konnte, während er fuhr, den lecken Tank nicht abdichten
und fuhr immer weiter. Jetzt erleichterte ihn nur mehr der Gedanke, daß
sein Tank doch eines Tages den See ausgeschöpft haben müsse, und er.
dachte, es sei eine merkwürdige Art des Sinkens, den See aufzusaugen
und zuletzt mit seinem Boot auf dem Trockenen zu sitzen. Kurz darauf
begann es zu regnen, und er dachte auch dasnicht mehr. Als er wieder
an dem Haus vorbeikam, vor dem das Mädchen gebadet hatte, sah er,
daß hinter einem Fenster noch Licht war, aber uferaufwärts, in den
Fenstern, hinter denen seine Kinder schliefen, war es schon dunkel, und
als er kurz danach wieder zurückfuhr, hatte auch das Mädchen sein
Licht gelöscht. Der Regen ließ nach, aber das tröstete ihn nun nicht
mehr.
Am nächsten Morgen wunderten sich seine Freunde, die beim
Frühstück auf der Terrasse saßen, daß er schon so früh auf dem Wasser
sei. Er rief ihnen fröhlich zu, der Sommer ginge zu Ende, man müsse
ihn nützen, und seinen Kindern, die schon am frühen Morgen auf dem
Landungssteg standen, sagte er dasselbe. Und als sie am nächsten Mor-
gen eine Rettungsexpedition nach ihm ausschicken wollten, winkte er
ab, denn er konnte doch jetzt, nachdem er sich zwei Tage lang auf die
Fröhlichkeit hinausgeredet hatte, eine Rettungsexpedition nicht mehr
zulassen; vor allem nicht angesichts des Mädchens, das täglich gegen
Abend die Wellen erwartete, die sein Boot warf. Am vierten Tag be-
gann er zu fürchten, daß man sich über ihn lustig machen könnte, tröste-
te sich aber bei dem Gedanken, daß auch dies vorüberginge. Und es
ging vorüber.
Seine Freunde verließen, als es kühler wurde, den See, und auch die
Kinder kehrten zur Stadt zurück, die Schule begann. Das Motorenge-
räusch von der Uferstraße ließ nach, jetzt lärmte nur noch sein Boot auf
dem See. Der Nebel zwischen Wald und Gebirge wurde täglich dichter,
und der Rauch aus den Kaminen blieb in den Wipfeln hängen.
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Als letztes verließ das Mädchen den See. Vom Wasser her sah er sie
ihre Koffer auf den Wagen laden. Sie warf ihm eine Kußhand zu und
dachte: “Wäre er ein Verwunschener, ich wäre länger geblieben, aber er
ist mir zu genuß-süchtig!”
Bald darauf fuhr er an dieser Stelle mit seinem Boot aus Verzweif-
lung auf den Scnotter. Das Boot wurde längsseits aufgerissen und tankt
von nun an Luft. In den Herbstnächten hören es die Einheimischen über
ihre Köpfe dahinbrausen.
Oder die Frau, die vergeht, sobald sie ihre Sonnenbrille abnimmt.
Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, zu denen sie mitten in der
hellen Sonne im Sand spielte, und damals trug sie keine Sonnenbrille.
Und es gab Zeiten, zu denen sie die Sonnenbrille trug, sobald ihr die
Sonne ins Gesicht schien, und sie abnahm, sobald sie verging – und
doch selbst nicht verging. Aber das ist lange vorbei, sie würde, wenn
man sie fragte, selbst nicht sagen können, wie lange, und sie würde sich
eine solche Frage auch verbitten.
Wahrscheinlich rührt all das Unglück von dem Tag her, an dem sie
begann, die Sonnenbrille auch im Schatten nicht abzunehmen, von die-
ser Autofahrt im Frühsommer, als es plötzlich trüb wurde und jeder-
mann die dunklen Gläser von den Augen nahm, nur sie nicht. Aber man
sollte Sonnenbrillen niemals im Schatten tragen, sie rächen sich.
Als sie wenig später während einer Segelfahrt auf der Jacht eines
Freundes die Sonnenbrille für einen Augenblick abnahm, fühlte sie sich
plötzlich zu nichts werden, Arme und Beine lösten sich im Ostwind auf.
Und dieser Ostwind, der die weißen Schaumkämme über den See trieb,
hätte sie sicher wie nichts über Bord geweht, wäre sie nicht geistesge-
genwärtig genug gewesen, ihre Sonnenbrille sofort wieder aufzusetzen.
Derselbe Ostwind brachte aber zum Glück gutes Wetter, Sonne und
große Hitze, und so fiel sie während der nächsten Wochen weiter nicht
auf. Wenn sie abends tanzte, erklärte sie jedem, der es wissen wollte, sie
trüge die Sonnenbrille gegen das starke Licht der Bogenlampen, und
bald begannen viele, sie nachzuahmen. Freilich wußte niemand, daß sie
die Sonnenbrille auch nachts trug, denn sie schlief bei offenem Fenster
und hatte keine Lust, hinausgeweht zu werden oder am nächsten Mor-
gen aufzuwachen und einfach nicht mehr da zu sein.
Boot mehr käme!” Und dann kam auch keins mehr. Die Jachten lagen               Als letztes verließ das Mädchen den See. Vom Wasser her sah er sie
mit eingezogenen Segeln in den Buchten, und der See spiegelte die          ihre Koffer auf den Wagen laden. Sie warf ihm eine Kußhand zu und
Lichter des Hotels. Dichter Nebel begann aufzusteigen, der Mann fuhr       dachte: “Wäre er ein Verwunschener, ich wäre länger geblieben, aber er
kreuz und quer und dann die Ufer entlang, irgendwo schwamm noch ein        ist mir zu genuß-süchtig!”
Mädchen und warf sich den Wellen nach, die sein Boot warf, und ging            Bald darauf fuhr er an dieser Stelle mit seinem Boot aus Verzweif-
auch an Land.                                                              lung auf den Scnotter. Das Boot wurde längsseits aufgerissen und tankt
    Aber er konnte, während er fuhr, den lecken Tank nicht abdichten       von nun an Luft. In den Herbstnächten hören es die Einheimischen über
und fuhr immer weiter. Jetzt erleichterte ihn nur mehr der Gedanke, daß    ihre Köpfe dahinbrausen.
sein Tank doch eines Tages den See ausgeschöpft haben müsse, und er.           Oder die Frau, die vergeht, sobald sie ihre Sonnenbrille abnimmt.
dachte, es sei eine merkwürdige Art des Sinkens, den See aufzusaugen           Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, zu denen sie mitten in der
und zuletzt mit seinem Boot auf dem Trockenen zu sitzen. Kurz darauf       hellen Sonne im Sand spielte, und damals trug sie keine Sonnenbrille.
begann es zu regnen, und er dachte auch dasnicht mehr. Als er wieder       Und es gab Zeiten, zu denen sie die Sonnenbrille trug, sobald ihr die
an dem Haus vorbeikam, vor dem das Mädchen gebadet hatte, sah er,          Sonne ins Gesicht schien, und sie abnahm, sobald sie verging – und
daß hinter einem Fenster noch Licht war, aber uferaufwärts, in den         doch selbst nicht verging. Aber das ist lange vorbei, sie würde, wenn
Fenstern, hinter denen seine Kinder schliefen, war es schon dunkel, und    man sie fragte, selbst nicht sagen können, wie lange, und sie würde sich
als er kurz danach wieder zurückfuhr, hatte auch das Mädchen sein          eine solche Frage auch verbitten.
Licht gelöscht. Der Regen ließ nach, aber das tröstete ihn nun nicht           Wahrscheinlich rührt all das Unglück von dem Tag her, an dem sie
mehr.                                                                      begann, die Sonnenbrille auch im Schatten nicht abzunehmen, von die-
    Am nächsten Morgen wunderten sich seine Freunde, die beim              ser Autofahrt im Frühsommer, als es plötzlich trüb wurde und jeder-
Frühstück auf der Terrasse saßen, daß er schon so früh auf dem Wasser      mann die dunklen Gläser von den Augen nahm, nur sie nicht. Aber man
sei. Er rief ihnen fröhlich zu, der Sommer ginge zu Ende, man müsse        sollte Sonnenbrillen niemals im Schatten tragen, sie rächen sich.
ihn nützen, und seinen Kindern, die schon am frühen Morgen auf dem             Als sie wenig später während einer Segelfahrt auf der Jacht eines
Landungssteg standen, sagte er dasselbe. Und als sie am nächsten Mor-      Freundes die Sonnenbrille für einen Augenblick abnahm, fühlte sie sich
gen eine Rettungsexpedition nach ihm ausschicken wollten, winkte er        plötzlich zu nichts werden, Arme und Beine lösten sich im Ostwind auf.
ab, denn er konnte doch jetzt, nachdem er sich zwei Tage lang auf die      Und dieser Ostwind, der die weißen Schaumkämme über den See trieb,
Fröhlichkeit hinausgeredet hatte, eine Rettungsexpedition nicht mehr       hätte sie sicher wie nichts über Bord geweht, wäre sie nicht geistesge-
zulassen; vor allem nicht angesichts des Mädchens, das täglich gegen       genwärtig genug gewesen, ihre Sonnenbrille sofort wieder aufzusetzen.
Abend die Wellen erwartete, die sein Boot warf. Am vierten Tag be-         Derselbe Ostwind brachte aber zum Glück gutes Wetter, Sonne und
gann er zu fürchten, daß man sich über ihn lustig machen könnte, tröste-   große Hitze, und so fiel sie während der nächsten Wochen weiter nicht
te sich aber bei dem Gedanken, daß auch dies vorüberginge. Und es          auf. Wenn sie abends tanzte, erklärte sie jedem, der es wissen wollte, sie
ging vorüber.                                                              trüge die Sonnenbrille gegen das starke Licht der Bogenlampen, und
    Seine Freunde verließen, als es kühler wurde, den See, und auch die    bald begannen viele, sie nachzuahmen. Freilich wußte niemand, daß sie
Kinder kehrten zur Stadt zurück, die Schule begann. Das Motorenge-         die Sonnenbrille auch nachts trug, denn sie schlief bei offenem Fenster
räusch von der Uferstraße ließ nach, jetzt lärmte nur noch sein Boot auf   und hatte keine Lust, hinausgeweht zu werden oder am nächsten Mor-
dem See. Der Nebel zwischen Wald und Gebirge wurde täglich dichter,        gen aufzuwachen und einfach nicht mehr da zu sein.
und der Rauch aus den Kaminen blieb in den Wipfeln hängen.


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