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Jacob und Wilhelm Grimm
Jacob Grimm (1785–1863), Wilhelm Grimm (1786–1859); Sprach-
wissenschaftler, Sammler deutschen Sprach- und Kulturguts. Die Brü-
der Grimm gelten als die wesentlichen Mitbegründer der deutschen Phi-
lologie. Ab 1830 lebten sie als Bibliothekare und Professoren in Göttin-
gen. 1837 gehörten sie zu den,Göttinger Sieben'. Dies waren Professo-
ren, die gegen die willkürliche Aufhebung der Landesverfassung durch
den König von Hannover protestierten. Alle sieben wurden sofort aus
ihren Ämtern entlassen und Jacob als einer der Wortführer des Landes
verwiesen. Die Brüder zogen nach Kassel und begründeten dort 1838
das “Deutsche Wörterbuch”. Die erste Lieferung erfolgte 1852, aber es
dauerte noch über 100 Jahre, bis dieses wichtigste Nachschlagewerk der
deutschen Sprache seinen vorläufigen Ab-schluß fand. Weltweit be-
kannt wurden die Brüder Grimm durch ihre “Kinder- und Haus-
märchen” (1812/1815) und “Deutsche Sagen” (1816/ 1818), Ergebnisse
einer mehr als zehnjährigen Sammeltätigkeit. Ihre Werke hatten großen
Einfluß auf Dichtung, Bildung und Kunst.
– Kinder-und Hausmärchen, 1812–1814
– Deutsche Sagen, 1816–1818
– Deutsche Grammatik, Teil 1–4, 1819–1837
– Deutsches Wörterbuch, 16 Bde., 1852–1961
Günter Kunert
Dornröschen
Generationen von Kindern faszinierte gerade dieses Märchen, weil
es ihre Phantasie erregte: wie da Jahr um Jahr eine gewaltige Hecke
aufwächst, über alle Maßen hoch, ein vertikaler Dschungel erfüllt von
Blühen und Welken, vonAmseln und Düften, aber weglos, undurch-
dringlich und labyrinthisch. Die Mutigen, die sie zu bewältigen sich
immer wieder einfinden, bleiben insgesamt auf der Strecke: von Dornen
erspießt; hinter Verhau verfangen, gefangen, gefesselt; von giftigem
Ungeziefer befallen und vom plötzlichen Zweifel gelähmt, ob es diese
begehrenswerte Königstochter überhaupt gäbe. Bis eines Tages endlich
der Sieger kommt: ihm gelingt, was den Vorläufern mißlungen: er
betritt das Schloß, läuft die Treppe empor, betritt die Kammer, wo die
Schlafende ruht, den zahnlosen Mund halb geöffnet, sabbernd, einge-
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sunkene Lider, den haararmen Schädel an den Schläfen von blauen
wurmigen Adern bekräuselt, fleckig, schmutzig, eine schnarchende Vet-
tel.
Oh, selig alle, die, von Dornröschen träumend, in der Hecke starben
und im Glauben, daß hinter dieser eine Zeit herrsche, in der die Zeit
endlich einmal fest und sicher stände.
Kunert(1972), 82
Günter Kunert
G. Kunert wurde 1929 in Berlin geboren. Er studierte nach dem
Krieg mehrere
Semester an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin. Er leb-
te bis 1979
in der ehemaligen DDR, die er aus politischen Gründen verließ.
Er veröffentlichte Kurzprosa und Gedichte und erhielt mehrere Prei-
se für seine
Arbeiten. Zur Zeit lebt er in Schleswig-Holstein.
Werkauswahl:
Wegschilder und Mauerinschriften, 1950
Der ungebetene Gast, 1965
Unterwegs nach Utopia, 1977 - Berlin beizeiten, 1987
Tagträume in Berlin und andernorts, 1972
Warum schreiben? Notizen zur Literatur, 1976
Johann Peter Hebel
Unverhofftes Wiedersehen
In Falun in Schweden küßte vor guten fünfzig Jahren und mehr ein
junger Bergmann seine junge hübsche Braut und sagte zu ihr: “Auf
Sanct Luciä wird unsere Liebe von des Priesters Hand gesegnet. Dann
sind wir Mann und Frau und bauen uns ein eigenes Nestlein.” “Und
Friede und Liebe soll darin wohnen”, sagte die schöne Frau mit holdem
Lächeln, “denn du bist mein Einziges und Alles, und ohne dich möchte
ich lieber im Grab sein als an einem anderen Ort.” Als sie aber vor
Sanct Luciä der Pfarrer zum zweitenmal in der Kirche ausgerufen hatte:
“So nun jemand Hindernis wüßte anzuzeigen, warum diese Personen
Jacob und Wilhelm Grimm sunkene Lider, den haararmen Schädel an den Schläfen von blauen Jacob Grimm (1785–1863), Wilhelm Grimm (1786–1859); Sprach- wurmigen Adern bekräuselt, fleckig, schmutzig, eine schnarchende Vet- wissenschaftler, Sammler deutschen Sprach- und Kulturguts. Die Brü- tel. der Grimm gelten als die wesentlichen Mitbegründer der deutschen Phi- Oh, selig alle, die, von Dornröschen träumend, in der Hecke starben lologie. Ab 1830 lebten sie als Bibliothekare und Professoren in Göttin- und im Glauben, daß hinter dieser eine Zeit herrsche, in der die Zeit gen. 1837 gehörten sie zu den,Göttinger Sieben'. Dies waren Professo- endlich einmal fest und sicher stände. ren, die gegen die willkürliche Aufhebung der Landesverfassung durch den König von Hannover protestierten. Alle sieben wurden sofort aus Kunert(1972), 82 ihren Ämtern entlassen und Jacob als einer der Wortführer des Landes Günter Kunert verwiesen. Die Brüder zogen nach Kassel und begründeten dort 1838 G. Kunert wurde 1929 in Berlin geboren. Er studierte nach dem das “Deutsche Wörterbuch”. Die erste Lieferung erfolgte 1852, aber es Krieg mehrere dauerte noch über 100 Jahre, bis dieses wichtigste Nachschlagewerk der Semester an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin. Er leb- deutschen Sprache seinen vorläufigen Ab-schluß fand. Weltweit be- te bis 1979 kannt wurden die Brüder Grimm durch ihre “Kinder- und Haus- in der ehemaligen DDR, die er aus politischen Gründen verließ. märchen” (1812/1815) und “Deutsche Sagen” (1816/ 1818), Ergebnisse Er veröffentlichte Kurzprosa und Gedichte und erhielt mehrere Prei- einer mehr als zehnjährigen Sammeltätigkeit. Ihre Werke hatten großen se für seine Einfluß auf Dichtung, Bildung und Kunst. Arbeiten. Zur Zeit lebt er in Schleswig-Holstein. – Kinder-und Hausmärchen, 1812–1814 Werkauswahl: – Deutsche Sagen, 1816–1818 Wegschilder und Mauerinschriften, 1950 – Deutsche Grammatik, Teil 1–4, 1819–1837 Der ungebetene Gast, 1965 – Deutsches Wörterbuch, 16 Bde., 1852–1961 Unterwegs nach Utopia, 1977 - Berlin beizeiten, 1987 Tagträume in Berlin und andernorts, 1972 Günter Kunert Warum schreiben? Notizen zur Literatur, 1976 Dornröschen Generationen von Kindern faszinierte gerade dieses Märchen, weil Johann Peter Hebel es ihre Phantasie erregte: wie da Jahr um Jahr eine gewaltige Hecke Unverhofftes Wiedersehen aufwächst, über alle Maßen hoch, ein vertikaler Dschungel erfüllt von Blühen und Welken, vonAmseln und Düften, aber weglos, undurch- In Falun in Schweden küßte vor guten fünfzig Jahren und mehr ein dringlich und labyrinthisch. Die Mutigen, die sie zu bewältigen sich junger Bergmann seine junge hübsche Braut und sagte zu ihr: “Auf immer wieder einfinden, bleiben insgesamt auf der Strecke: von Dornen Sanct Luciä wird unsere Liebe von des Priesters Hand gesegnet. Dann erspießt; hinter Verhau verfangen, gefangen, gefesselt; von giftigem sind wir Mann und Frau und bauen uns ein eigenes Nestlein.” “Und Ungeziefer befallen und vom plötzlichen Zweifel gelähmt, ob es diese Friede und Liebe soll darin wohnen”, sagte die schöne Frau mit holdem begehrenswerte Königstochter überhaupt gäbe. Bis eines Tages endlich Lächeln, “denn du bist mein Einziges und Alles, und ohne dich möchte der Sieger kommt: ihm gelingt, was den Vorläufern mißlungen: er ich lieber im Grab sein als an einem anderen Ort.” Als sie aber vor betritt das Schloß, läuft die Treppe empor, betritt die Kammer, wo die Sanct Luciä der Pfarrer zum zweitenmal in der Kirche ausgerufen hatte: Schlafende ruht, den zahnlosen Mund halb geöffnet, sabbernd, einge- “So nun jemand Hindernis wüßte anzuzeigen, warum diese Personen 113 114
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