Sprachsituation in der Schweiz (Языковая ситуация в Швейцарии). Фомина З.Е. - 5 стр.

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der Verkehrs- und Beziehungsbildung"; gleichzeitig habe sie "die Grenzen nationaler
Kultur und Gesellschaft" markiert (Ruppert 1983:191// Haas 1990, S. 319 ).
Der schweizerische Sprachwissenschaftler, Walter Haas, betont, dass das
Deutschschweizer Bürgertum auch in diese ü berregionale "Öffentlichkeit" einbezogen
war, man denke nur an die literarische Bedeutung Hallers, Bodmers, Breitingers und
Gessners. Dagegen scheint eben jene zweite Funktion der Hochsprache, "die Grenze der
Nation" zu markieren, für das Schweizer Bürgertum unannehmbar gewesen zu sein.
Auch es verstand sich vermutlich als Reprä sentant der Nation, aber einer dezidiert
schweizerischen Nation. Nur in ihrer sozusagen "praktischen " Funktion als
ü berregionales Medium des Verkehrs und der Kultur wurde die Hochsprache akzeptiert,
nicht aber in ihrer "ideologischen" national sprachlichen Funktion. Gerade in der
Weigerung, die Hochsprache als Alltagssprache zu ü bernehmen, im Festhalten an der
Mundart "mit Leib und Seele", bot sich dem Schweizer die Möglichkeit nationaler
Abgrenzung. Mundartgebrauch wurde Nationalsymbol.
Die "mediale" Varietä tenverteilung scheint sich, so W. Haas, erst in den letzten
25 Jahren in der heutigen Schärfe herausgebildet zu haben. Diese Entwicklung darf aber
nicht als isolierte schweizerische Kuriosität gesehen werden. Vielmehr widerspiegelt sie
die moderne weltweite Tendenz zu weniger formalen Registern, zur Bevorzugung
mündlicher Stile, vielleicht auch einen gewissen Bedeutungsverlust der schriftlichen
Kommunikation fü r weite Kreise der Bevölkerung. Das diese Tendenz in der deutschen
Schweiz die Mundarten verstärken muß te, ist eine Konsequenz der soziolinguistischen
und sprachkulturellen Entwicklung (ebenda).
Die deutsche Schweiz scheint ein gutes Beispiel dafü r abzugeben, dass
Mundarten, wenn ihnen national symbolische Funktionen zugewiesen werden, sich nicht
nur als lebenskräftig erweisen können, sondern auch enorme Erweiterung ihrer
kommunikativen Funktionen verkraften, ohne ihre Identität zu verlieren.
Der Mythos, die Menschen könnten sich ohne einheitliche Standardsprache
weder verstehen noch als Gruppe fühlen, ist eben auch nur ein Mythos, und nicht
einmal ein besonders ehrwü rdiger. Einheitlichkeit und Standardisierung sind
unabdingbar fü r Computerprogramme; eine intelligentere Maschine, wie der Mensch z.
B., ist zu sehr weitgehender Normentoleranz fähig. Man sollte ihm dort, wo es noch
möglich ist, die Gelegenheit geben, diese Fähigkeit auszuü ben (Haas 1990, S.329).
Die Sprachsituation der deutschen Schweiz scheint, so W. Haas, insofern
auffällig, als hier in allen gesprochenen Domänen von allen Angehörigen aller
Schichten Dialekt gesprochen wird, während der Standardsprache alle schriftlichen
Domä nen ü berlassen bleiben. Es wird postuliert, dass eine solche Sprachsituation
Normentoleranz fördern und den Mythos von der absoluten Notwendigkeit sprachlicher
Invarianz relativieren könne (ebenda).
Fragen zur Selbstkontrolle:
1) In welchen Ländern gilt Deutsch als Staats- und Muttersprache?
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           der Verkehrs- und Beziehungsbildung"; gleichzeitig habe sie "die Grenzen nationaler
           Kultur und Gesellschaft" markiert (Ruppert 1983:191// Haas 1990, S. 319 ).

                  Der schweizerische Sprachwissenschaftler, Walter Haas, betont, dass das
           Deutschschweizer Bürgertum auch in diese ü berregionale "Ö ffentlichkeit" einbezogen
           war, man denke nur an die literarische Bedeutung Hallers, Bodmers, Breitingers und
           Gessners. Dagegen scheint eben jene zweite Funktion der Hochsprache, "die Grenze der
           Nation" zu markieren, fü r das Schweizer Bü rgertum unannehmbar gewesen zu sein.
           Auch es verstand sich vermutlich als Reprä sentant der Nation, aber einer dezidiert
           schweizerischen Nation. Nur in ihrer sozusagen "praktischen " Funktion als
           ü berregionales Medium des Verkehrs und der Kultur wurde die Hochsprache akzeptiert,
           nicht aber in ihrer "ideologischen" national sprachlichen Funktion. Gerade in der
           Weigerung, die Hochsprache als Alltagssprache zu ü bernehmen, im Festhalten an der
           Mundart "mit Leib und Seele", bot sich dem Schweizer die Möglichkeit nationaler
           Abgrenzung. Mundartgebrauch wurde Nationalsymbol.

                  Die "mediale" Varietä tenverteilung scheint sich, so W. Haas, erst in den letzten
           25 Jahren in der heutigen Schärfe herausgebildet zu haben. Diese Entwicklung darf aber
           nicht als isolierte schweizerische Kuriosität gesehen werden. Vielmehr widerspiegelt sie
           die moderne weltweite Tendenz zu weniger formalen Registern, zur Bevorzugung
           mündlicher Stile, vielleicht auch einen gewissen Bedeutungsverlust der schriftlichen
           Kommunikation fü r weite Kreise der Bevölkerung. Das diese Tendenz in der deutschen
           Schweiz die Mundarten verstärken muß te, ist eine Konsequenz der soziolinguistischen
           und sprachkulturellen Entwicklung (ebenda).

                Die deutsche Schweiz scheint ein gutes Beispiel dafü r abzugeben, dass
           Mundarten, wenn ihnen national symbolische Funktionen zugewiesen werden, sich nicht
           nur als lebenskräftig erweisen können, sondern auch enorme Erweiterung ihrer
           kommunikativen Funktionen verkraften, ohne ihre Identität zu verlieren.

                  Der Mythos, die Menschen könnten sich ohne einheitliche Standardsprache
           weder verstehen noch als Gruppe fü hlen, ist eben auch nur ein Mythos, und nicht
           einmal ein besonders ehrwü rdiger. Einheitlichkeit und Standardisierung sind
           unabdingbar fü r Computerprogramme; eine intelligentere Maschine, wie der Mensch z.
           B., ist zu sehr weitgehender Normentoleranz fähig. Man sollte ihm dort, wo es noch
           möglich ist, die Gelegenheit geben, diese Fähigkeit auszuü ben (Haas 1990, S.329).

                  Die Sprachsituation der deutschen Schweiz scheint, so W. Haas, insofern
           auffällig, als hier in allen gesprochenen Domänen von allen Angehörigen aller
           Schichten Dialekt gesprochen wird, während der Standardsprache alle schriftlichen
           Domä nen ü berlassen bleiben. Es wird postuliert, dass eine solche Sprachsituation
           Normentoleranz fördern und den Mythos von der absoluten Notwendigkeit sprachlicher
           Invarianz relativieren könne (ebenda).

                  Fragen zur Selbstkontrolle:
                  1) In welchen Ländern gilt Deutsch als Staats- und Muttersprache?


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