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den neunziger Jahren immer weiter gekürzt. Im wirklichen Leben müssen wir
daheim Panzer ausschlachten, damit Panzer im Kosovo fahren können. Darun-
ter leiden Ausbildung und Übungen. Bei 33 Flügen zum Balkan bin ich nicht
einmal pünktlich gestartet, weil die alten Transall-Flieger irgendwelche techni-
schen Defekte hatten.
SPIEGEL: Die Reformkommission unter Richard von Weizsäcker hatte
vorgeschlagen, die Bundeswehr radikal auf 240000 Soldaten zu verkleinern, und
eine Anschubfinanzierung für den Umbau und moderne Ausrüstung verlangt...
Reinhardt: ... und wir machen jetzt eine Reform mit 285000 Soldaten oh-
ne Anschubfinanzierung. Das geht nicht. Die Bundesregierung muss endlich
sägen, was sie mit dieser Bundeswehr vorhat. Für was möchte sie die Streit-
kräfte haben? Was glaubt sie sich an Bundeswehr leisten zu können? Darauf
habe ich keine Antwort.
SPIEGEL: Die Konjunktur flaut ab, die Steuereinnahmen sinken. Es sieht
nicht danach aus, dass die rot-grüne Regierung ausgerechnet im Wahljahr 2002
den Verteidigungshaushalt erhöht.
Reinhardt: Der Haushalt 2002 wird zur Nagelprobe für die Reform. Die ist ja
im Prinzip richtig. Aber wenn man sie umsetzen will, ist mehr Geld notwendig.
SPIEGEL: Und wenn es nicht kommt?
Reinhardt: Dann muss der Generalinspekteur nochmals völlig neu an die
Planung herangehen und sehen, was sich mit den verfügbaren Mitteln noch ma-
chen lässt. Als Stellschraube bleibt ihm dann nur die Personalstärke. 100000
Wehrpflichtige kosten im Jahr ungefähr drei Milliarden Mark. Das ist ziemlich
genau der Betrag, den wir brauchen.
SPIEGEL: Also ist die Reform nur zu bezahlen, wenn die Wehrpflicht
abgeschafft wird?
Reinhardt: Ich hoffe nicht. Am Ende könnte uns die Finanzlage aber
zwingen, die Wehrpflicht aufzugeben. Wenn wir die Personalstärke weiter re-
duzieren müssen, wenn nur noch 30000 Rekruten eines Jahrgangs einzogen
werden, die übrigen 100000 aber nicht, wo bleibt da die Gerechtigkeit? Das ist
politisch nicht durchzuhalten.
SPIEGEL: Der Balkan-Einsatz hat gezeigt, dass ein völlig neuer Solda-
tentypus nötig ist. Nicht der klassische Kämpfer ist mehr gefragt, sondern eine
Mischung aus Soldat, Polizist, Diplomat, Verwaltungsfachmann und techni-
schem Hilfswerker, gut ausgebildete und erfahrene Profis. Taugt eine Wehr-
pflicht-Armee dafür noch?
Reinhardt: Ich brauche keinen anderen Soldaten, ich muss ihn für auswär-
tige Einsätze nur anders ausbilden. Wir haben mit der Mischung aus zwei Drit-
teln Zeit- und Berufssoldaten und einem Drittel Rekruten, die sich für den Ein-
satz freiwillig zu einem längeren Dienst verpflichtet haben, beste Erfahrungen.
Die Wehrpflicht bringt uns das breiteste Spektrum an Talenten. Immerhin rek-
rutieren wir so die Hälfte der Unteroffiziere und Offiziere. Alle europäischen
Länder, die seit 1990 die Wehrpflicht aufgaben, haben riesige Probleme, ihren
Personalbedarf zu decken -vor allem qualitativ.
den neunziger Jahren immer weiter gekürzt. Im wirklichen Leben müssen wir daheim Panzer ausschlachten, damit Panzer im Kosovo fahren können. Darun- ter leiden Ausbildung und Übungen. Bei 33 Flügen zum Balkan bin ich nicht einmal pünktlich gestartet, weil die alten Transall-Flieger irgendwelche techni- schen Defekte hatten. SPIEGEL: Die Reformkommission unter Richard von Weizsäcker hatte vorgeschlagen, die Bundeswehr radikal auf 240000 Soldaten zu verkleinern, und eine Anschubfinanzierung für den Umbau und moderne Ausrüstung verlangt... Reinhardt: ... und wir machen jetzt eine Reform mit 285000 Soldaten oh- ne Anschubfinanzierung. Das geht nicht. Die Bundesregierung muss endlich sägen, was sie mit dieser Bundeswehr vorhat. Für was möchte sie die Streit- kräfte haben? Was glaubt sie sich an Bundeswehr leisten zu können? Darauf habe ich keine Antwort. SPIEGEL: Die Konjunktur flaut ab, die Steuereinnahmen sinken. Es sieht nicht danach aus, dass die rot-grüne Regierung ausgerechnet im Wahljahr 2002 den Verteidigungshaushalt erhöht. Reinhardt: Der Haushalt 2002 wird zur Nagelprobe für die Reform. Die ist ja im Prinzip richtig. Aber wenn man sie umsetzen will, ist mehr Geld notwendig. SPIEGEL: Und wenn es nicht kommt? Reinhardt: Dann muss der Generalinspekteur nochmals völlig neu an die Planung herangehen und sehen, was sich mit den verfügbaren Mitteln noch ma- chen lässt. Als Stellschraube bleibt ihm dann nur die Personalstärke. 100000 Wehrpflichtige kosten im Jahr ungefähr drei Milliarden Mark. Das ist ziemlich genau der Betrag, den wir brauchen. SPIEGEL: Also ist die Reform nur zu bezahlen, wenn die Wehrpflicht abgeschafft wird? Reinhardt: Ich hoffe nicht. Am Ende könnte uns die Finanzlage aber zwingen, die Wehrpflicht aufzugeben. Wenn wir die Personalstärke weiter re- duzieren müssen, wenn nur noch 30000 Rekruten eines Jahrgangs einzogen werden, die übrigen 100000 aber nicht, wo bleibt da die Gerechtigkeit? Das ist politisch nicht durchzuhalten. SPIEGEL: Der Balkan-Einsatz hat gezeigt, dass ein völlig neuer Solda- tentypus nötig ist. Nicht der klassische Kämpfer ist mehr gefragt, sondern eine Mischung aus Soldat, Polizist, Diplomat, Verwaltungsfachmann und techni- schem Hilfswerker, gut ausgebildete und erfahrene Profis. Taugt eine Wehr- pflicht-Armee dafür noch? Reinhardt: Ich brauche keinen anderen Soldaten, ich muss ihn für auswär- tige Einsätze nur anders ausbilden. Wir haben mit der Mischung aus zwei Drit- teln Zeit- und Berufssoldaten und einem Drittel Rekruten, die sich für den Ein- satz freiwillig zu einem längeren Dienst verpflichtet haben, beste Erfahrungen. Die Wehrpflicht bringt uns das breiteste Spektrum an Talenten. Immerhin rek- rutieren wir so die Hälfte der Unteroffiziere und Offiziere. Alle europäischen Länder, die seit 1990 die Wehrpflicht aufgaben, haben riesige Probleme, ihren Personalbedarf zu decken -vor allem qualitativ. 51
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