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Kandidatin wie maßgeschneidert für die derzeitige politische Konstellation:
vermittelbar einer breiten Mehrheit in der Bundesversammlung aus SPD, Grü-
nen, Freien Demokraten, vielleicht auch PDS und wegen ihres Karlsruher Am-
tes auch allzu schroffer Ablehnung durch CDU und CSU entzogen.
Johannes Rau, das ist bekannt, war nicht Schröders Wahl. Der Wupperta-
ler wurde von Oskar Lafontaine durchgeboxt. Der damalige SPD-Vorsitzende
brauchte den Stuhl des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten für den
nach vorn drängenden Wolfgang Clement; nur so war der Wunsch Raus zu er-
füllen, eine jahrzehntelange Parteikarriere als Nummer eins im Staat zu been-
den. Die Amtszeit des Bundespräsidenten Rau ließ sich nicht eben glänzend
an. Den öffentlichen Auftritten des bergischen Predigersohnes fehlten Origina-
lität und Würze. Erst die Rede zur aktuellen Diskussion über Chancen und Ri-
siken der Gen- und Biotechnik brachte die Wende. Johannes Rau ging auf Dis-
tanz zum politischen Pragmatismus des Kanzlers und hatte plötzlich das, was
ihm seit seiner Wahl zu Pfingsten 1999 versagt geblieben war: Aufmerksam-
keit über Parteigrenzen und gesellschaftliche Richtungen hinweg.
Die Wahl der Juristin Limbach zur ersten Bundespräsidentin ließe sich zu
einem historischen Datum stilisieren - wie weiland, 1972, die Wahl von An-
nemarie Renger, ebenfalls SPD, zur ersten Parlamentspräsidentin. Die Sozial-
demokraten könnten sich dann zugute halten, die Gleichberechtigung der Frau
auch auf höchster politisch-repräsentativer Ebene vollzogen zu haben. Eine
frühzeitige Festlegung auf Jutta Limbach wäre zudem ein zusätzliches Signal
an die weibliche Wählerschaft im Bundestagswahlkampf 2002: endlich eine
Frau an der Staatsspitze!
Die diskutierfreudige Juristin Limbach ist, und da haben sich manche Be-
obachter täuschen lassen, durchaus eine kämpferische Natur. Sie hatte als Jus-
tizsenatorin, was sie scharfer Kritik aussetzte, mit dem Generalstaatsanwalt ei-
ne Erklärung verfasst, in der sie die Freilassung Erich Honeckers durch den
Berliner Verfassungsgerichtshof rügte; sie hat den Asylkompromiss der Bun-
destagsparteien attackiert; sie focht für die Aufnahme der Staatsziele Vollbe-
schäftigung, Wohnen und Umweltschutz in das Grundgesetz; schon sehr früh
trat sie für die staatliche Förderung nichtehelicher Lebensgemeinschaften ein;
sie sprach sich gegen die lebenslange Freiheitsstrafe aus; in ihre Karlsruher
Amtszeit fallen so kontrovers diskutierte Entscheidungen wie die zum
Gebrauch des Tucholsky-Zitats „Soldaten sind Mörder“ und das „Kruzifix-
Urteil“. Und kurz vor ihrem Amtsantritt bekannte sie öffentlich, im Verfahren
um die Neufassung des Paragrafen 218 hätte sie mit den Richtern gestimmt,
die das entsprechende Gesetz billigten.
Sie fühlt sich der „Frauenbewegung“ schon durch ihre ganze politische
Sozialisation verbunden. Jutta Limbach - eine kämpferische Feministin? Das
weist sie dann doch von sich. Aber als Schimpfwort möchte sie Feminismus
nicht verstanden wissen. „Wenn man“, dozierte die Verfassungsgerichtspräsi-
Kandidatin wie maßgeschneidert für die derzeitige politische Konstellation: vermittelbar einer breiten Mehrheit in der Bundesversammlung aus SPD, Grü- nen, Freien Demokraten, vielleicht auch PDS und wegen ihres Karlsruher Am- tes auch allzu schroffer Ablehnung durch CDU und CSU entzogen. Johannes Rau, das ist bekannt, war nicht Schröders Wahl. Der Wupperta- ler wurde von Oskar Lafontaine durchgeboxt. Der damalige SPD-Vorsitzende brauchte den Stuhl des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten für den nach vorn drängenden Wolfgang Clement; nur so war der Wunsch Raus zu er- füllen, eine jahrzehntelange Parteikarriere als Nummer eins im Staat zu been- den. Die Amtszeit des Bundespräsidenten Rau ließ sich nicht eben glänzend an. Den öffentlichen Auftritten des bergischen Predigersohnes fehlten Origina- lität und Würze. Erst die Rede zur aktuellen Diskussion über Chancen und Ri- siken der Gen- und Biotechnik brachte die Wende. Johannes Rau ging auf Dis- tanz zum politischen Pragmatismus des Kanzlers und hatte plötzlich das, was ihm seit seiner Wahl zu Pfingsten 1999 versagt geblieben war: Aufmerksam- keit über Parteigrenzen und gesellschaftliche Richtungen hinweg. Die Wahl der Juristin Limbach zur ersten Bundespräsidentin ließe sich zu einem historischen Datum stilisieren - wie weiland, 1972, die Wahl von An- nemarie Renger, ebenfalls SPD, zur ersten Parlamentspräsidentin. Die Sozial- demokraten könnten sich dann zugute halten, die Gleichberechtigung der Frau auch auf höchster politisch-repräsentativer Ebene vollzogen zu haben. Eine frühzeitige Festlegung auf Jutta Limbach wäre zudem ein zusätzliches Signal an die weibliche Wählerschaft im Bundestagswahlkampf 2002: endlich eine Frau an der Staatsspitze! Die diskutierfreudige Juristin Limbach ist, und da haben sich manche Be- obachter täuschen lassen, durchaus eine kämpferische Natur. Sie hatte als Jus- tizsenatorin, was sie scharfer Kritik aussetzte, mit dem Generalstaatsanwalt ei- ne Erklärung verfasst, in der sie die Freilassung Erich Honeckers durch den Berliner Verfassungsgerichtshof rügte; sie hat den Asylkompromiss der Bun- destagsparteien attackiert; sie focht für die Aufnahme der Staatsziele Vollbe- schäftigung, Wohnen und Umweltschutz in das Grundgesetz; schon sehr früh trat sie für die staatliche Förderung nichtehelicher Lebensgemeinschaften ein; sie sprach sich gegen die lebenslange Freiheitsstrafe aus; in ihre Karlsruher Amtszeit fallen so kontrovers diskutierte Entscheidungen wie die zum Gebrauch des Tucholsky-Zitats „Soldaten sind Mörder“ und das „Kruzifix- Urteil“. Und kurz vor ihrem Amtsantritt bekannte sie öffentlich, im Verfahren um die Neufassung des Paragrafen 218 hätte sie mit den Richtern gestimmt, die das entsprechende Gesetz billigten. Sie fühlt sich der „Frauenbewegung“ schon durch ihre ganze politische Sozialisation verbunden. Jutta Limbach - eine kämpferische Feministin? Das weist sie dann doch von sich. Aber als Schimpfwort möchte sie Feminismus nicht verstanden wissen. „Wenn man“, dozierte die Verfassungsgerichtspräsi- 54
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