Методические указания для чтения и анализа художественных произведений современных немецкоязычных авторов по теме "Женщины в современном обществе" для студентов 4 курса отделения немецкого языка факультета филологии и журналистики - 22 стр.

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nach, und hinter dem Fenster der Wirtschaft »Zum Theodor« hoben sich einige Köpfe,
senkten sich aber dann wieder auf die Biergläser.
»Da sind sie!« sagte jemand. »Jungs, ich bin ja ein guter und friedlicher Bürger ...
aber ich ahne Böses ...«
Aus den drei Sonderbussen klangen Musik und Singen. Einhundertzwanzig
braungebrannte Köpfe mit schwarzen Haaren wiegten sich im Takt des Gesanges,
Zähne blitzten, und schwarze Augen leuchteten. Auf den Dächern der Fahrzeuge
schwankte das festgezurrte Gepäck ... Kästen aus Holz und Pappe, Säcke, Kartons, Kof-
fer, mit Bindfäden umwickelt, geflochtene Körbe, Wäschebündel, in Decken eingerollt.
Ein paar Mal winkten hundert Hände und Arme aus den Fenstern der Busse, wenn diese
an einem Mädchen vorbeifuhren; Pfeifen und Rufen wurde laut und verstärkte sich,
wenn die Mädchen die Köpfe abwandten oder verlegen wurden. Dann, ganz plötzlich,
wurde es stiller... Vor ihnen tauchten die Gebäude und Fördertürme der Zeche Emma II
auf, der Hauptschacht V mit den Verwaltungsbauten, der Direktion, der großen
Waschkaue und dem Gewirr von Schienen und Laderampen, umgeben von den dunklen,
täglich wachsenden Bergen der Kohlenhalden.
Dr. Bernhard Pillnitz, der Werkarzt von Emma II, blickte aus dem Fenster, als die
drei Busse auf den Hof der Verwaltung rollten und knirschend bremsten. Er wusch sich
gerade die Hände und rieb sie sich mit dem Handtuch trocken.
»Sie kommen, schöne Kollegin«, sagte er. »Die Sonne des Südens fällt auf
Buschhausen. Wir werden uns bemühen müssen, Italienisch zu lernen. Unsere Italien-
Erinnerungen mit den Vokabeln dolce vita und amore werden nicht ausreichen.«
Dr. Waltraud Born trat neben Dr. Pillnitz an das Fenster des Untersuchungsraumes.
Seit einem halben Jahr war sie als Assistentin des Werkarztes hier tätig. Zuerst hatte es
sie Überwindung gekostet, mit den oft derben Bergleuten umzugehen, aber dann hatte
sie entdeckt, dass man sich Respekt nur durch die gleiche Derbheit verschaffen kann.
Willi Korfeck, den man in Buschhausen nur »Willts-Bums« nannte, weil ein Schlag
seiner rechten Faust wirksamer war als 10 ccm Äther, war der erste, der Dr. Waltraud
Borns Umstellung zu spüren bekommen hatte. »Los! Hose runter!« hatte sie ihn
angeschrien, als er verlegen und blinzelnd im Untersuchungszimmer gestanden war und
über einen Furunkel am Gesäß geklagt hatte. »Sie sind ja sonst nicht so zimperlich.«
Seit diesem Tage war Dr. Waltraud, wie man sie nur noch nannte, ein anerkanntes
Belegschaftsmitglied der Zeche Emma II. Es war sogar bekannt, dass man bei
Krankschreibungen besser zu ihr als zu Dr. Pillnitz gehen müsse, denn - so sagte man -
die kleine Dr. Waltraud hatte ein Herz für den Arbeiter.
»Die sehen ja ganz passabel aus«, sagte Dr. Waltraud zu Dr. Pillnitz, als sich die
Türen der Busse öffneten und die Italiener auf den betonierten Hof sprangen. »Wenn
man bedenkt, dass sie sich nie satt essen konnten...«
Dr. Pillnitz schielte zur Seite. »Sie sind blond, Kollegin. Und dass Sie hübsch sind,
sagt Ihnen jeder Spiegel. Was dort ausgeladen wird, sind 120 heißblütige Casanovas,
die in zwei Stunden hier an Ihnen entlangmarschieren werden zur Untersuchung. Wie
Sie diese Glut aushalten wollen ...« Er lächelte sarkastisch. Dr. Waltraud trat vom Fen-
ster zurück und warf den Kopf in den Nacken.