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Durch die Ausbürgerung Wolf Biermanns wird das Jahr 1976 in der DDR zum
kulturellen und kulturpolitischen Einschnitt. W. gehört zu den ersten Unterzeichnern
einer Protestpetition (dem „Offenen Brief“ vom 17.11.1976), welche die Partei bald
zum Anlass nimmt, missliebige Künstler und Schriftsteller zu reglementieren,
kaltzustellen oder ebenfalls auszuweisen. W. geht auf „innere Distanz“.
Sie befasst sich (angeregt durch die gerade in Gang gekommene feministische
Diskussion und durch das neu erwachte Interesse an der Romantik) mit dem Werk und
Leben der Karoline von Günderrode, an der sie die gesellschaftliche Widerstandskraft
und die persönliche Tragik herausstellt, die in dem Unvermögen und der Weigerung
liegt, sich mit der Realität zu arrangieren. Unter dem Titel Der Schatten eines Traumes
gibt sie 1979 Günderrodes Schriften heraus, begleitet von einem einfühlsam-
identifikatorischen Essay. Die politische Brisanz ihrer Beschäftigung gerade mit dem
Romantikerkreis ist unverkennbar; W. sieht in ihm den „Versuch eines
gesellschaftlichen Experiments einer kleinen progressiven Gruppe, die dann, nachdem
die Gesellschaft sich ihr gegenüber totalitär und ablehnend verhaken hat, restriktiv in
jeder Hinsicht, unter diesem Druck auseinander bricht und in verschiedene Richtungen
hin sich zurückzieht.“ Im Rahmen dieser Studien entsteht der Prosatext Kein Ort.
Nirgends (1979). In einem statuarischen, den Fortschritt der Handlung mehr
aufhaltenden als vorantreibenden Stil wird eine fiktive Begegnung zwischen der
Günderode und Heinrich von Kleist geschildert, die tiefe Vereinsamung der beiden
Einzelgänger - jeder von ihnen wird Jahre später den Freitod wählen - , deren Gefühle
wie abgeschnitten von der Außenwelt scheinen. Kraft einer geheimen
Seelenverwandtschaft können sie einen Augenblick lang ein imaginatives Verständnis,
eine freilich brüchige Solidarität füreinander formulieren. Neben diesem Ausbruch nach
Innen, den die beiden Schriftsteller gegen die Gesellschaft betreiben, geht es der
Autorin um die besonderen Bedingungen einer weiblichen Existenz als Künstlerin und
Intellektuelle, die sie an der Günderrode, aber auch an Bettine von Arnim reflektiert
(Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an. Ein Brief über die Bettine, 1980). Auch
in ihrer Frankfurter Poetikvorlesung 1982 behandelt sie die Frage nach einem spezifisch
weiblichen Weltbild und einer weiblichen Ästhetik, inspiriere von feministischen
Theorien, die seit Mitte der 70er Jahre im Gespräch sind.
Angeregt durch die Lektüre der Orestie von Aischylos, der Inszenierung von Peter
Stein an der Westberliner Schaubühne und einer Griechenlandreise beginnt sie 1980,
sich mit der Kassandrafigur auseinanderzusetzen. Die Antike dient in der Erzählung
Kassandra als Folie: an der Seherin, deren Untergangsprophezeiung dazu verdammt ist,
nicht gehört zu werden, entwickelt die Autorin die Rolle der Frau als Kontrastbild zur
männlichen Rationalität, die auf kriegerische Vernichtung hinausläuft. Kassandra ver-
körpert aber auch die (vergebliche) Seherkraft der Kunst angesichts der totalen Bedro-
hung, in der der Leser die weltpolitischen und atomaren Gefahren von heute erkennt.
Mit diesem Text hat sich W. in die aktuelle Diskussion um Frieden und Abrüstung ein-
gemischt und diese Thematik mit der Situation einer von der patriarchalischen Gesell-
schaft unterdrückten Frau verknüpft. In den Voraussetzungen einer Erzählung:
Kassandra, die sie 1982 an der Frankfurter Universität als Gastdozentin vorträgt, ist das
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