Лексикология немецкого языка. Солодилова И.А. - 100 стр.

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Hypothese, dass Knie ebenso auf *genu- (vgl. Kluge, 1995, S. 442) zurückgeht, hätte
die Ausgangsbedeutung >Krümmung< aufgrund der gekrümmten Form beider
Körperteile so inhaltsverschiedene Begriffe wie Kinn und Knie ergeben, ohne dass
sich dieser Verlauf auf irgendwelche Weise hätte prognostizieren lassen. Die
Willkürlichkeit semantischer Prozesse ist auch bei Nase festzustellen, wo trotz der
ebenso gekrümmten Form des Körperteils weder die Wurzel *genu- noch eine andere
mit ähnlicher Bedeutung herangezogen wurde. Gegen die Erwartung, dass bei
Ellbogen aufgrund der analogen Achsenfunktion mit dem Knie die Wurzel *genu~
vorkommen sollte, wird das Sem >Krümmung< durch ein anderes Basislexcm,
*bheug(h)- (>krümmen<), realisiert.
Ich bleibe noch bei der Vorstellung >krümmen, biegen<. Die idg. Wurzel
*keub-, *küb- als Labialerweiterung der Wurzel *keu~ (>biegen<, >den Körper, sich
in den Gelenken biegen<, >Wölbung, Höhlung<) hat unprädizierbarerweise fn
verschiedenen Sprachen zu nichtparallclcn Körperteilbezeichnungen geführt, und
zwar im Deutschen zu Hüfte (ahd. huj) und im Lateinischen zu cubitus3
(>Ellenbogen<), beide allerdings mit dem gemeinsamen Merkmal >gebogener
Körperteil<
Diese und ähnliche Beispiele zeugen von den Schwierigkeiten der
diachronischen semantischen Forschung, die sich größtenteils aus der Verkennung
der konkreten Bedeutung von Wörtern in älteren Sprachstufen sowie aus dem
Arbeitsverfahren mit ungenügend erprobten Sprachhypothesen ergeben.
Wie bereits bemerkt, stellt die Bedeutungsvariabilität eine dem Sprachzeichen
wesentliche Eigenschaft dar. Dazu trägt die Tatsache bei, dass die Zahl und
Beschaffenheit der in der Rede zu aktualisierenden Wortseme Situationen von den
kommunikativen Bedürfnissen in jedem Sprechakt abhängt. Als subjektiver Sprecher
tendiert man zur Hervorhebung von bestimmten semantischen Wortmerkmalen und
zugleich zur Zurückdrängung von anderen, so dass »sprachliches Handeln stets
Neuverwenden [ist] und zu Andersverwenden der Wörter führen« kann (Schippan,
1992, S. 252).
In diesem Zusammenhang muss als Grundprinzip der sprachlichen Darstellung
die Verbildlichung betont werden. Auf der Suche nach besonderen kommunikativen
Effekten werden bestimmte Lexeme durch andere ersetzt, die mit jenen in irgendeiner
assoziativen Beziehung stehen. Der Anschauungsgehalt, den viele Wörter bei ihrer
Entstehung aufweisen, geht aber bald verloren, ebenso wie die etymologischen
Zusammenhänge sich verdunkeln. Dieses Verblassen des ursprünglichen figurativen
Gehaltes, der Bildlichkeit der Wörter, ist ein Wesenszug der Sprache, der bei den
Körperteilbezeichnungen in besonderer Weise abzulesen ist. Bei den
Sekundärbildungen wird ein Körperteil in der Regel durch eine metaphorische
Umschreibung oder durch eine Metonymie dargestellt. So zeigt Nase aus germ. *nasö
>Nasenloch< (idg. *nas >Nasenloch<) wie auch seine spanische Entsprechung näriz
aus lat. näris (>Nasenloch<, erweitert zur Nasenhöhle) eine Bedeutungsentfaltung
durch eine Pars-pro-toto-Meto-nymie.
Die räumliche Kontiguitätsmetonymie ist bei der Benennung von
Kleidungsstük-ken besonders verbreitet. Das Wort Kragen (mhd. krage >Hals<,
>Kehle<, >Schlund<, >Nacken<) besitzt heute einen neuen Bedeutungsinhalt als
Hypothese, dass Knie ebenso auf *genu- (vgl. Kluge, 1995, S. 442) zurückgeht, hätte
die Ausgangsbedeutung >Krümmung< aufgrund der gekrümmten Form beider
Körperteile so inhaltsverschiedene Begriffe wie Kinn und Knie ergeben, ohne dass
sich dieser Verlauf auf irgendwelche Weise hätte prognostizieren lassen. Die
Willkürlichkeit semantischer Prozesse ist auch bei Nase festzustellen, wo trotz der
ebenso gekrümmten Form des Körperteils weder die Wurzel *genu- noch eine andere
mit ähnlicher Bedeutung herangezogen wurde. Gegen die Erwartung, dass bei
Ellbogen aufgrund der analogen Achsenfunktion mit dem Knie die Wurzel *genu~
vorkommen sollte, wird das Sem >Krümmung< durch ein anderes Basislexcm,
*bheug(h)- (>krümmen<), realisiert.
      Ich bleibe noch bei der Vorstellung >krümmen, biegen<. Die idg. Wurzel
*keub-, *küb- als Labialerweiterung der Wurzel *keu~ (>biegen<, >den Körper, sich
in den Gelenken biegen<, >Wölbung, Höhlung<) hat unprädizierbarerweise fn
verschiedenen Sprachen zu nichtparallclcn Körperteilbezeichnungen geführt, und
zwar im Deutschen zu Hüfte (ahd. huj) und im Lateinischen zu cubitus3
(>Ellenbogen<), beide allerdings mit dem gemeinsamen Merkmal >gebogener
Körperteil<
      Diese und ähnliche Beispiele zeugen von den Schwierigkeiten der
diachronischen semantischen Forschung, die sich größtenteils aus der Verkennung
der konkreten Bedeutung von Wörtern in älteren Sprachstufen sowie aus dem
Arbeitsverfahren mit ungenügend erprobten Sprachhypothesen ergeben.
      Wie bereits bemerkt, stellt die Bedeutungsvariabilität eine dem Sprachzeichen
wesentliche Eigenschaft dar. Dazu trägt die Tatsache bei, dass die Zahl und
Beschaffenheit der in der Rede zu aktualisierenden Wortseme Situationen von den
kommunikativen Bedürfnissen in jedem Sprechakt abhängt. Als subjektiver Sprecher
tendiert man zur Hervorhebung von bestimmten semantischen Wortmerkmalen und
zugleich zur Zurückdrängung von anderen, so dass »sprachliches Handeln stets
Neuverwenden [ist] und zu Andersverwenden der Wörter führen« kann (Schippan,
1992, S. 252).
      In diesem Zusammenhang muss als Grundprinzip der sprachlichen Darstellung
die Verbildlichung betont werden. Auf der Suche nach besonderen kommunikativen
Effekten werden bestimmte Lexeme durch andere ersetzt, die mit jenen in irgendeiner
assoziativen Beziehung stehen. Der Anschauungsgehalt, den viele Wörter bei ihrer
Entstehung aufweisen, geht aber bald verloren, ebenso wie die etymologischen
Zusammenhänge sich verdunkeln. Dieses Verblassen des ursprünglichen figurativen
Gehaltes, der Bildlichkeit der Wörter, ist ein Wesenszug der Sprache, der bei den
Körperteilbezeichnungen in besonderer Weise abzulesen ist. Bei den
Sekundärbildungen wird ein Körperteil in der Regel durch eine metaphorische
Umschreibung oder durch eine Metonymie dargestellt. So zeigt Nase aus germ. *nasö
>Nasenloch< (idg. *nas >Nasenloch<) wie auch seine spanische Entsprechung näriz
aus lat. näris (>Nasenloch<, erweitert zur Nasenhöhle) eine Bedeutungsentfaltung
durch eine Pars-pro-toto-Meto-nymie.
      Die räumliche Kontiguitätsmetonymie ist bei der Benennung von
Kleidungsstük-ken besonders verbreitet. Das Wort Kragen (mhd. krage >Hals<,
>Kehle<, >Schlund<, >Nacken<) besitzt heute einen neuen Bedeutungsinhalt als

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