Deutsch fur Psychologen. Степанова Л.А. - 128 стр.

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Das aktuelle Selbst - so wie Menschen sind - und das ideale Selbst - so wie sie sein
wollen - können sich je nach der persönlichen oder sozialen Lage einer Person verändern.
Es ändern sich dann auch Wünsche, Ziele und Pläne, und frühere Erfahrungen werden
aufgrund neuer Ansichten und Motivationslagen neu bewertet.
Unser Gedächtnis für autobiografische Erinnerungen schafft die Möglichkeit, unsere
Vergangenheit aktiv zu rekonstruieren, indem wir uns an Details erinnern und sie wieder
zu einem (neuen) Erinnerungsbild zusammensetzen. Dabei ist wesentlich, dass Erinne-
rungen je nach der augenblicklichen psychischen Verfassung rekonstruiert werden, also
immer nur ausgewählte Teile der (wahren) Vergangenheit beinhalten. Das Wissen, das ich
über mich habe (auch semantisches Wissen oder Bedeutungswissen genannt), fließt mit
in die Rekonstruktion des Berichtes ein. Was sich damals ereignet hat (mein Faktenwis-
sen) mischt sich mit dem, was damals für mich wichtig war. Daher sind autobiografische
Erinnerungen subjektive Interpretationen von Erfahrungen und Erlebnissen.
Diese Rekonstruktion ermöglicht aber auch, dass sich unser Selbstkonzept weiter-
entwickelt und wir uns verändern können: Was uns vor einiger Zeit sehr betrübt hat, kann
nach einem angemessenen Zeitraum der Trauer mit anderen Augen betrachtet werden.
Das bewirkt, dass auch Erinnerungen anders bewertet werden und Details des traurigen
Ereignisses „vergessen" werden können.
Damit erklärt sich auch, welchen Sinn das Vergessen in unseren autobiografischen
Erinnerungen hat: Vieles in unserem Leben vergessen wir, weil es durch Wiederholung
oder eine Änderung unseres Lebenskontextes seine ursprünglich besondere Bedeutung
verliert. Es ist uns unangenehm, daran erinnert zu werden.
Unser autobiografisches Gedächtnis scheint sich auf einem Kontinuum des Erin-
nerns und Vergessens zubewegen. Es garantiert die Verbindung von Vergangenheit, Ge-
genwart und Zukunft, ist die Voraussetzung für unsere Entwicklung und Kontinuität und
schafft die Grundlage für unsere Identität und Integrität.
Tatjana Keiner, Muriel Mace und Erika Theobald
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Personenzentrierte Psychologie
Jürgen Höder
Grundlegende Annahmen
Die personenzentrierte Psychologie , begründet und entwickelt von dem amerikani-
schen Psychologen Carl R. Rogers (1902-1987), beruht auf folgender Hypothese: Jeder
Mensch verfügt über die Neigung und die Fähigkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln.