Deutsch fur Psychologen. Степанова Л.А. - 133 стр.

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ben können, wenn sie weder wissen, dass Regeln existieren, noch die Absicht haben zu
lernen. Die Standardexperimente der Kognitionsforscher unterteilen sich in eine Lernpha-
se, in der die Probanden den komplexen Regeln von Abbildungen oder Buchstabenreihen
ausgesetzt werden, und eine anschließende Testphase, in der das unbewusst erworbenen
Regelwissen zur Anwendung kommt.
Rossnagels Berliner Forschungsgruppe variierte nun ein klassisches Experiment:
80 Probanden wurden in einer Testreihe zwei Varianten fingierter Gehirntomographien ge-
zeigt, mit der Auflage, die jeweilige Gehirnstruktur einem intelligenten oder einfältigen "Be-
sitzer" zuzuordnen. Beide Tomographievarianten unterschieden sich lediglich minimal in
ihrem Helligkeitsanteil, ein Merkmal, das unterhalb der bewussten menschlichen Wahr-
nehmung liegt. Um auszuschließen, dass sich die Versuchspersonen Gedanken über die
Regelhaftigkeit des Gesehenen machen konnten, verkürzte Rossnagel die Betrachtungs-
zeit auf bis zu eine Sekunde.
In der Testphase wurden dann 80 weitere brain scans gezeigt, mit der Aufgabe,
diese nach dem Intelligenzgrad einzustufen. "Obwohl die Teilnehmer keine vernüngftige
Erklärung für ihre Entscheidungsstrategie nennen konnten, denn dazu war die Betrach-
tungszeit viel zu kurz, wurden ,intelligente‘ Scans als deutlich intelligenter eingestuft als die
,unintelligenten‘", fasst Rossnagel zusammen. "Erklärt man den Leuten vorher, dass es
bei diesem Experiment auf das Erkennen von Unterschieden ankommt, oder gibt ihnen
mehr Zeit zu analytischen Vermutungen, dann sinkt die Trefferquote." Rossnagel schluss-
folgert daher: "Implizites Lernen funktioniert nur dann, wenn es absichtsfrei passiert."
Wie genau läuft der Wissenserwerb hinter unserem Rücken ab? Bei der Betrach-
tung der Scans werden, vorbei an der bewussten Wahrnehmung, bestimmte Neuronen-
gruppen auf konstantem Niveau stimuliert, das heißt, der unterschiedliche Hell-dunkel-
Anteil wird biochemisch gelernt und als Regel angenommen. "Implizites Lernen ist keine
Gedächtnisleistung, sondern sozusagen ein Mustervergleich in der Wahrnehmung",
schlussfolgert Rossnagel.
Nach dem gleichen Prinzip funktioniert ein von ihm durchgeführtes Experiment mit
Konsonantenreihen, die nach einer willkürlichen Grammatik vom Computer generiert wur-
den. Rossnagel streute "regelwidrige" Reihen in die Lernphase und versuchte die Folgen
dieses Eingriffs mit Hilfe des EEGs sichtbar zu machen: "Jedes Mal, wenn die Versuchs-
person auf eine Fehlerreihe traf, ging die so genannte Alphapower, ein Gehirnstrom, der
für die kognitiven Prozesse der Konzeptbildung zuständig ist, nach unten." Das Gehirn
konnte mit den regelwidrigen Reihen offenbar "nichts anfangen". Auch in diesem Experi-