Защита окружающей среды. Вершинина Н.А - 44 стр.

UptoLike

87
Vater Rhein wird sauber
In der einstigen Kloake tummeln sich wieder Fische
Was lebt im Rhein? Wenig, mag man vermuten. Nicht umsonst
galt der Rhein lange als die "Romantischste Kloake Europas": Gegen
das Image einer stinkenden Industriebrühe kämpft Europas meist be-
fahrene Binnenwasserstraße bis heute – mit Erfolg! Die akute Vergif-
tung des letzten Jahrhunderts hat der Rhein – dank intensiver Maß-
nahmen zur Abwasserklärung von Industrie und Kommunen – weit-
gehend überstanden. Und neben Lachs, Plötze und Ukelei wagt auch
der Mensch sich wieder in die kühlen Fluten des Stroms.
Nirgends sonst in Europa wohnen und leben so viele Menschen
an und mit dem Strom wie am Rhein. Rund 1.320 Kilometer zieht
sich das blaue Band von den Schweizer Alpen bis zur Nordsee durch
Europa, ist zugleich Schifffahrtsroute und Trinkwasserreservoir, tou-
ristisches Ziel und Wirtschaftsader und muss neben den Abwässern
seiner Millionen Anlieger auch die Abwässer und Abwärme der
Chemie-Riesen und -Zwerge an seinen Ufern verkraften. Im rund
185.000 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Rheins leben
etwa 50 Millionen Menschen, davon 34 Millionen in Deutschland.
Die 865 Kilometer, welche er Deutschland durchfließt, machen ihn
zum längsten Fluss des Landes. Römerkähne, Holzflöße und Dampf-
schiffe hat er ebenso gesehen wie moderne Containerschiffe. Vor rund
200 Jahren als romantisches Reiseziel entdeckt, ist er heute zwischen
Bingen und Koblenz Teil einer "Kulturlandschaft von großer Vielfalt
und Schönheit", was ihm den UNESCO-Titel "Weltkulturerbe der
Menschheit" bescherte. Doch wie verantwortungsvoll geht die Erben-
gemeinschaft mit dem teuren Nachlass um?
Kloake im Romantikstil
Aus dem reich mäandrierenden Strom mit weitläufigen Auen-
landschaften, mit Prall- und Gleithängen, Sand- und Kiesbänken – so
beschrieb einst ein Zeitgenosse Goethes den Oberlauf zwischen Basel
und Bingen – ist ein befestigter Kanal geworden. Der rigorose Ausbau
zur Wasserstraße, der ihm seine Vielfalt und zugleich viel von seiner
Kraft und Faszination geraubt hat, besiegelte das Ende des Urstrom-
landes bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. Zeitgleich begannen die
88
Städte, ihren Unrat über die Kanalisation zu entsorgen: das Abwasser
wurde ungeklärt und ungeniert in den Rhein geleitet. Zugleich be-
lasteten Industriebetriebe das Wasser mit Salzen, Schwermetallen und
organischen Stoffen, aus den anliegenden Feldern sickerten Pflanzen-
schutzmittel sowie Stickstoff und Phosphor in den Strom. Ein kurzes
Aufatmen nach dem Zweiten Weltkrieg – viele Industriebetriebe wa-
ren zerstört – konnte die Gnadenlosigkeit des einsetzenden Wirt-
schaftswunders nicht bremsen: Schaumberge hinter den Staustufen
machten die Katastrophe für jedermann sichtbar, der Rhein verkam
zur Kloake – darüber halfen auch Romantiker oder „Das Rheingold"
nicht hinweg! Kaum noch 30 Kleintierarten lebten in den 60er und
frühen 70er Jahren im Fluss, selbst für Überlebenskünstler war der
knappe Sauerstoffgehalt im Wasser unerträglich. Am 1. November
1986 trieben unzählige Fische mit dem Bauch nach oben: über 1.000
Tonnen Chemikalien gingen in Lagerhalle 156 des Basler Konzerns in
Flammen auf, das Sandoz-Desaster führte zu einem Fischsterben in
einem bis dahin unbekannten Ausmaß. Langfristig hatten der Unfall
und die in der Öffentlichkeit ausgelösten Proteste jedoch positive
Nachwirkungen: die Politiker wurden wachgerüttelt, die 119 Rhein-
wasserwerke zwischen der Schweiz und den Niederlanden drängten
darauf, den Fluss wirkungsvoller zu schützen und die Wasserqualität
zu verbessern.
Besser spät als nie ...
Bereits ein Jahr nach dem Supergau unterzeichneten die Rhein-
Minister das "Aktionsprogramm Rhein", mit dem ehrgeizigen Ziel,
den Lachs als Bannerträger des Umweltprogramms bis zur Jahrtau-
sendwende wieder anzusiedeln. Hundert Jahre zuvor noch hatten die
Rheinfischer 250.000 Exemplare des sehr anspruchsvollen Wanderfi-
sches gefangen, der bis dato als "Arme-Leute-Essen" galt. 1958 wur-
den die letzten Lachse gesichtet. Seither ist viel Wasser den Rhein
hinunter geflossen – aber nicht ungeklärt! Effiziente mechanisch-
biologische Kläranlagen sowie hohe Investitionen der Industriebetrie-
be in die Abwasserreinigung haben aus dem schwer kranken Strom
einen Rekonvaleszenten werden lassen. Heute gilt der Rhein als Para-
debeispiel einer gelungenen Sanierung. Die punktuellen Einleitungen
       Vater Rhein wird sauber                                          Städte, ihren Unrat über die Kanalisation zu entsorgen: das Abwasser
       In der einstigen Kloake tummeln sich wieder Fische               wurde ungeklärt und ungeniert in den Rhein geleitet. Zugleich be-
       Was lebt im Rhein? Wenig, mag man vermuten. Nicht umsonst        lasteten Industriebetriebe das Wasser mit Salzen, Schwermetallen und
galt der Rhein lange als die "Romantischste Kloake Europas": Gegen      organischen Stoffen, aus den anliegenden Feldern sickerten Pflanzen-
das Image einer stinkenden Industriebrühe kämpft Europas meist be-      schutzmittel sowie Stickstoff und Phosphor in den Strom. Ein kurzes
fahrene Binnenwasserstraße bis heute – mit Erfolg! Die akute Vergif-    Aufatmen nach dem Zweiten Weltkrieg – viele Industriebetriebe wa-
tung des letzten Jahrhunderts hat der Rhein – dank intensiver Maß-      ren zerstört – konnte die Gnadenlosigkeit des einsetzenden Wirt-
nahmen zur Abwasserklärung von Industrie und Kommunen – weit-           schaftswunders nicht bremsen: Schaumberge hinter den Staustufen
gehend überstanden. Und neben Lachs, Plötze und Ukelei wagt auch        machten die Katastrophe für jedermann sichtbar, der Rhein verkam
der Mensch sich wieder in die kühlen Fluten des Stroms.                 zur Kloake – darüber halfen auch Romantiker oder „Das Rheingold"
       Nirgends sonst in Europa wohnen und leben so viele Menschen      nicht hinweg! Kaum noch 30 Kleintierarten lebten in den 60er und
an und mit dem Strom wie am Rhein. Rund 1.320 Kilometer zieht           frühen 70er Jahren im Fluss, selbst für Überlebenskünstler war der
sich das blaue Band von den Schweizer Alpen bis zur Nordsee durch       knappe Sauerstoffgehalt im Wasser unerträglich. Am 1. November
Europa, ist zugleich Schifffahrtsroute und Trinkwasserreservoir, tou-   1986 trieben unzählige Fische mit dem Bauch nach oben: über 1.000
ristisches Ziel und Wirtschaftsader und muss neben den Abwässern        Tonnen Chemikalien gingen in Lagerhalle 156 des Basler Konzerns in
seiner Millionen Anlieger auch die Abwässer und Abwärme der             Flammen auf, das Sandoz-Desaster führte zu einem Fischsterben in
Chemie-Riesen und -Zwerge an seinen Ufern verkraften. Im rund           einem bis dahin unbekannten Ausmaß. Langfristig hatten der Unfall
185.000 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Rheins leben          und die in der Öffentlichkeit ausgelösten Proteste jedoch positive
etwa 50 Millionen Menschen, davon 34 Millionen in Deutschland.          Nachwirkungen: die Politiker wurden wachgerüttelt, die 119 Rhein-
Die 865 Kilometer, welche er Deutschland durchfließt, machen ihn        wasserwerke zwischen der Schweiz und den Niederlanden drängten
zum längsten Fluss des Landes. Römerkähne, Holzflöße und Dampf-         darauf, den Fluss wirkungsvoller zu schützen und die Wasserqualität
schiffe hat er ebenso gesehen wie moderne Containerschiffe. Vor rund    zu verbessern.
200 Jahren als romantisches Reiseziel entdeckt, ist er heute zwischen
Bingen und Koblenz Teil einer "Kulturlandschaft von großer Vielfalt           Besser spät als nie ...
und Schönheit", was ihm den UNESCO-Titel "Weltkulturerbe der                  Bereits ein Jahr nach dem Supergau unterzeichneten die Rhein-
Menschheit" bescherte. Doch wie verantwortungsvoll geht die Erben-      Minister das "Aktionsprogramm Rhein", mit dem ehrgeizigen Ziel,
gemeinschaft mit dem teuren Nachlass um?                                den Lachs als Bannerträger des Umweltprogramms bis zur Jahrtau-
                                                                        sendwende wieder anzusiedeln. Hundert Jahre zuvor noch hatten die
      Kloake im Romantikstil                                            Rheinfischer 250.000 Exemplare des sehr anspruchsvollen Wanderfi-
      Aus dem reich mäandrierenden Strom mit weitläufigen Auen-         sches gefangen, der bis dato als "Arme-Leute-Essen" galt. 1958 wur-
landschaften, mit Prall- und Gleithängen, Sand- und Kiesbänken – so     den die letzten Lachse gesichtet. Seither ist viel Wasser den Rhein
beschrieb einst ein Zeitgenosse Goethes den Oberlauf zwischen Basel     hinunter geflossen – aber nicht ungeklärt! Effiziente mechanisch-
und Bingen – ist ein befestigter Kanal geworden. Der rigorose Ausbau    biologische Kläranlagen sowie hohe Investitionen der Industriebetrie-
zur Wasserstraße, der ihm seine Vielfalt und zugleich viel von seiner   be in die Abwasserreinigung haben aus dem schwer kranken Strom
Kraft und Faszination geraubt hat, besiegelte das Ende des Urstrom-     einen Rekonvaleszenten werden lassen. Heute gilt der Rhein als Para-
landes bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. Zeitgleich begannen die      debeispiel einer gelungenen Sanierung. Die punktuellen Einleitungen

                                 87                                                                      88