Sprachsituation in der Schweiz (Языковая ситуация в Швейцарии). Фомина З.Е. - 8 стр.

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In der Landwirtschaft arbeiten noch knapp 6% der Erwerbstätigen; schon 1870
waren es nicht mehr als 40%. Der geringe Anteil der Landwirtschaft erstaunt bei einem
Land, das aufgrund populärer Exportprodukte wie Kä se und Schokolade, aufgrund der
touristischen Werbung mit der freien Natur und aufgrund eines starken Strangs in seiner
schönen Literatur in den Ruf eines Bauernlandes par excellence geraten ist, diesen Ruf
voll akzeptiert und nicht zuletzt durch die offiziöse Folklore aktiv gepflegt hat.
Entsprechend abweichend von gängigen Clinches ist die Sozialstruktur des
Landes.
Von allen Nationen Europas weist die Schweiz , proportional zur einheimischen
Bevölkerung, den größ ten Auslä nderanteil auf. Die Gesellschaft zeigt alle Aspekte der
sogenannten Modernisierung:
Verstä dterung,
hohe soziale und geographische Mobilitä t,
hohes Ausbildungsniveau,
Verfielfä ltigung und Internationalisierung der Lebensstile (s. darü ber: Haas,
1990, S.314)
Mit all dem in krassem Widerspruch scheint nun, nach der Meinung von W.
Haas, die Sprachsituation der deutschen Schweiz zu stehen. Das Ungewohnte,
Unpassende lässt sich, so W. Haas, in zwei Merksä tze fassen:
1. In der deutschen Schweiz hat keine gesellschaftliche Gruppe die
Standardsprache zu ihrer gesprochenen Alltagssprache gewählt.
2. In der deutschen Schweiz hat sich keine "Zwischenvarietä t", keine
interlanguage, zwischen Mundarten und Standard herausgebildet, die ein Mindestmass
von wenigstens lokaler Systematizitä t und ein Mindestmass gruppenspezifischer
Akzeptabilitä t aufweisen wü rde. Der Terminus "Schweizerdeutsch" ist nur ein bequemer
Sammelbegriff fü r die Menge der in diesem Landesteil gesprochenen Lokalmundarten.
Die beiden Merksätze fassen die heutige Sprachsituation als Ergebnis eines
geschichtlichen Prozesses auf, genauer als Ergebnis hier nicht eingetretener Prozesse.
Diese "historisierende" und negative Formulierung hat verschiedene Vorteile. Sie weit
darauf hin, dass aktuelle Sprachsituationen immer Produkte einer historischen
Entwicklung sind, und sie macht dadurch deutlich, dass aus der Synchronie abstrahierte
soziolinguistische "Gesetze" allein die Sprachsituation nicht erklären können.
Die mediale Diglossie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Wahl der beiden
Varietäten "Mundart" und "Standardsprache" vom Medium der Ä uß erung abhängt:
Gesprochen wird grundsätzlich in Mundart,
geschrieben wird grundsätzlich in Standardsprache.
Natü rlich gibt es von dieser grundsätzlichen Regelung der Varietätenwahl eine
Reihe von Ausnahmen. Aber das für Aussenstehende, Allererstaunlichste an der
Deutschschweizer Sprachsituation ist zweifellos die völlige Normalitä t und
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                • In der Landwirtschaft arbeiten noch knapp 6% der Erwerbstätigen; schon 1870
         waren es nicht mehr als 40%. Der geringe Anteil der Landwirtschaft erstaunt bei einem
         Land, das aufgrund populärer Exportprodukte wie Kä se und Schokolade, aufgrund der
         touristischen Werbung mit der freien Natur und aufgrund eines starken Strangs in seiner
         schönen Literatur in den Ruf eines Bauernlandes par excellence geraten ist, diesen Ruf
         voll akzeptiert und nicht zuletzt durch die offiziöse Folklore aktiv gepflegt hat.

               Entsprechend abweichend von gängigen Clinches ist die Sozialstruktur des
         Landes.
               Von allen Nationen Europas weist die Schweiz , proportional zur einheimischen
         Bevölkerung, den größ ten Auslä nderanteil auf. Die Gesellschaft zeigt alle Aspekte der
         sogenannten Modernisierung:
               • Verstä dterung,
               • hohe soziale und geographische Mobilitä t,
               • hohes Ausbildungsniveau,
               • Verfielfä ltigung und Internationalisierung der Lebensstile (s. darü ber: Haas,
         1990, S.314)
               Mit all dem in krassem Widerspruch scheint nun, nach der Meinung von W.
         Haas, die Sprachsituation der deutschen Schweiz zu stehen. Das Ungewohnte,
         Unpassende lässt sich, so W. Haas, in zwei Merksä tze fassen:

               1. In der deutschen Schweiz hat keine gesellschaftliche             Gruppe   die
         Standardsprache zu ihrer gesprochenen Alltagssprache gewählt.

                2. In der deutschen Schweiz hat sich keine "Zwischenvarietä t", keine
         interlanguage, zwischen Mundarten und Standard herausgebildet, die ein Mindestmass
         von wenigstens lokaler Systematizitä t und ein Mindestmass gruppenspezifischer
         Akzeptabilitä t aufweisen wü rde. Der Terminus "Schweizerdeutsch" ist nur ein bequemer
         Sammelbegriff fü r die Menge der in diesem Landesteil gesprochenen Lokalmundarten.

               Die beiden Merksätze fassen die heutige Sprachsituation als Ergebnis eines
         geschichtlichen Prozesses auf, genauer als Ergebnis hier nicht eingetretener Prozesse.
         Diese "historisierende" und negative Formulierung hat verschiedene Vorteile. Sie weit
         darauf hin, dass aktuelle Sprachsituationen immer Produkte einer historischen
         Entwicklung sind, und sie macht dadurch deutlich, dass aus der Synchronie abstrahierte
         soziolinguistische "Gesetze" allein die Sprachsituation nicht erklären können.

               Die mediale Diglossie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Wahl der beiden
         Varietäten "Mundart" und "Standardsprache" vom Medium der Ä uß erung abhängt:
               • Gesprochen wird grundsätzlich in Mundart,
               • geschrieben wird grundsätzlich in Standardsprache.

               Natü rlich gibt es von dieser grundsätzlichen Regelung der Varietätenwahl eine
         Reihe von Ausnahmen. Aber das fü r Aussenstehende, Allererstaunlichste an der
         Deutschschweizer Sprachsituation ist zweifellos die völlige Normalitä t und



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