Германия: дети в семье и на улице (по материалам современной немецкой прессы). Коноваленко И.В - 7 стр.

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neben seinem Anwaltsjob zwei Zeitungen heraus; deshalb übernimmt er
oft genug Fälle, auch wenn die Mandanten kein Geld haben. «Dies ist
eine Art Antwort auf die Gewalt und die Ungerechtigkeit», sagt er.
Jelena und Jurij Kasjanik, wohnhaft in der Tschabescha-Gasse im
Dolginzew-Bezirk, haben ebenfalls eine Antwort. Sie ist schlichter, sie
lautet: Wir müssen unsere Kinder beschützen.
Als an einem Nachmittag im Herbst vergangenen Jahres
Wladislaw nicht von der Schule nach Hause kam, machte sich Jelena
Kasjanik große Sorgen. War ihm etwas zugestoßen? Sie schnappte sich
ihr Baby und hastete zur Hauptschule 84 - in Kriwoi Rog tragen die
Schulen Ziffern statt Namen. Sie fand ihren Sohn auf dem Schulhof,
ganz allein, mit einem Besen, er fegte den riesigen Hof. Es war eine
Strafarbeit. Er weinte.
So haben Jelena und Jurij Kasjanik erfahren, dass Wladislaw in
letzter Zeit sehr, sehr oft den Hof fegen musste, allein, wenn die anderen
Kinder malten, turnten, lesen lernten, und dass dies der Grund für seine
Verdruckstheit, seine Alpträume ist. Sie waren empört. Man muss seine
Kinder beschützen. Jurij Kasjanik wurde vorstellig bei der
Schuldirektorin. Erfuhr dort, dass Disziplinarmaßnahmen noch keinem
geschadet hätten. Wenn Wladislaw seine Verdruckstheit und seinen
ängstlichen, widerspenstigen Charakter ablege, brauche er auch keine
Strafarbeit zu leisten. Noch Fragen? Jurij Kasjanik war empört gewesen,
jetzt war er wütend.
«Ein Zweitklässler», sagte er zu seiner Frau, «ist doch kein
Sklave.» Sie sagt: «Jurij, tu was.»
Aber was? Er hat kein Geld, keine mächtigen Freunde, die Welt ist
nicht gerecht. Da hörte Jurij Kasjanik im Dezember 2002 von einem
Anwalt namens Jakimenko, Herausgeber der Zeitung «Nasch Kriminal»,
Kämpfer gegen Verbrechen und Ungerechtigkeit. Das Anwalts- und
Zeitungsbüro ist in der Galjenko-Straße 2.
Jurij Kasjanik hat kein Telefon, aber zwei Füße. Er hatte keinen
Termin, aber er kann warten.
Kasjanik wartete sechs Stunden, er betrachtete die weißen
Telefone, er bewunderte die hübschen Sekretärinnen, die Bürostühle mit
ihren Rollen. Dann hatte der mächtige Anwalt Zeit für ihn. Und plötzlich
ging alles ganz schnell.
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Für den Rechtsanwalt Jakimenko ist der Fall klar: Diese Form von
Bestrafung ist ein würdeloses Relikt des Sozialismus. Also geht er hin
und verklagt die Schule und die Schulbehörde, es wird einen
Musterprozess geben, und als Kläger firmiert Wladislaw Kasjanik, sieben
Jahre alt, Schüler der Hauptschule 84. Am 16. Dezember, morgens um
neun, reichte Jakimenko Klage ein, in seiner Schrift fordert er einen
Schadensersatz in Höhe von 6200 Griwna, etwa 1107 Euro. So viel
verdient ein ukrainischer Schullehrer in drei Jahren.
Anwalt Jakimenko ist zuversichtlich, sein Mandant ebenfalls.
Wladislaws Lehrer sind eisig zu ihm, aber er muss nun nicht mehr den
Schulhof fegen, immerhin.
Das Leben ist hart, weiß Jurij Kasjanik, aber man muss seine
Kinder beschützen.
RALF HOPPE
Aufgaben zum Text 3
1. Beantworten Sie die Fragen zum Gelesenen:
- Warum stapfte Wladislaw immer widerwillig zur Schule?
- In welchem Sinne ist «Unser Shanghai» nicht spöttisch gemeint?
- Was macht Jakimenko zusätzlich neben seinem Anwaltsjob?
- Warum machte sich Jelena Kasjanik Sorgen?
- Was für eine Strafarbeit musste Wladislaw leisten und warum?
- Auf welche Weise versuchte der Vater sein Kind zu beschützen?
2. Ersetzen Sie die Sätze durch die synonymischen aus dem Text.
- Wladislaw hatte keinen Wunsch, zur Schule zu gehen.
- Er bekam Lohn, als er in der Fabrik arbeitete.
- Die Mutter kümmerte sich um ihre Kinder sehr.
- Wladislaw wurde bestraft und das Schulhofkehren war seine
Aufgabe.
- Nach der Klage musste man das Geld (6200 Griwna) zahlen.
3. Sagen Sie, ob es richtig oder falsch ist.
- Die Kasjaniks haben ein hartes Leben, weil der Drogenkrieg in
Kriwoi Rog tobt.
neben seinem Anwaltsjob zwei Zeitungen heraus; deshalb übernimmt er                Für den Rechtsanwalt Jakimenko ist der Fall klar: Diese Form von
oft genug Fälle, auch wenn die Mandanten kein Geld haben. «Dies ist          Bestrafung ist ein würdeloses Relikt des Sozialismus. Also geht er hin
eine Art Antwort auf die Gewalt und die Ungerechtigkeit», sagt er.           und verklagt die Schule und die Schulbehörde, es wird einen
       Jelena und Jurij Kasjanik, wohnhaft in der Tschabescha-Gasse im       Musterprozess geben, und als Kläger firmiert Wladislaw Kasjanik, sieben
Dolginzew-Bezirk, haben ebenfalls eine Antwort. Sie ist schlichter, sie      Jahre alt, Schüler der Hauptschule 84. Am 16. Dezember, morgens um
lautet: Wir müssen unsere Kinder beschützen.                                 neun, reichte Jakimenko Klage ein, in seiner Schrift fordert er einen
       Als an einem Nachmittag im Herbst vergangenen Jahres                  Schadensersatz in Höhe von 6200 Griwna, etwa 1107 Euro. So viel
Wladislaw nicht von der Schule nach Hause kam, machte sich Jelena            verdient ein ukrainischer Schullehrer in drei Jahren.
Kasjanik große Sorgen. War ihm etwas zugestoßen? Sie schnappte sich                Anwalt Jakimenko ist zuversichtlich, sein Mandant ebenfalls.
ihr Baby und hastete zur Hauptschule 84 - in Kriwoi Rog tragen die           Wladislaws Lehrer sind eisig zu ihm, aber er muss nun nicht mehr den
Schulen Ziffern statt Namen. Sie fand ihren Sohn auf dem Schulhof,           Schulhof fegen, immerhin.
ganz allein, mit einem Besen, er fegte den riesigen Hof. Es war eine               Das Leben ist hart, weiß Jurij Kasjanik, aber man muss seine
Strafarbeit. Er weinte.                                                      Kinder beschützen.
       So haben Jelena und Jurij Kasjanik erfahren, dass Wladislaw in                                                                   RALF HOPPE
letzter Zeit sehr, sehr oft den Hof fegen musste, allein, wenn die anderen
Kinder malten, turnten, lesen lernten, und dass dies der Grund für seine
Verdruckstheit, seine Alpträume ist. Sie waren empört. Man muss seine                                Aufgaben zum Text 3
Kinder beschützen. Jurij Kasjanik wurde vorstellig bei der
Schuldirektorin. Erfuhr dort, dass Disziplinarmaßnahmen noch keinem          1.   Beantworten Sie die Fragen zum Gelesenen:
geschadet hätten. Wenn Wladislaw seine Verdruckstheit und seinen             -    Warum stapfte Wladislaw immer widerwillig zur Schule?
ängstlichen, widerspenstigen Charakter ablege, brauche er auch keine         -    In welchem Sinne ist «Unser Shanghai» nicht spöttisch gemeint?
Strafarbeit zu leisten. Noch Fragen? Jurij Kasjanik war empört gewesen,      -    Was macht Jakimenko zusätzlich neben seinem Anwaltsjob?
jetzt war er wütend.                                                         -    Warum machte sich Jelena Kasjanik Sorgen?
       «Ein Zweitklässler», sagte er zu seiner Frau, «ist doch kein          -    Was für eine Strafarbeit musste Wladislaw leisten und warum?
Sklave.» Sie sagt: «Jurij, tu was.»                                          -    Auf welche Weise versuchte der Vater sein Kind zu beschützen?
       Aber was? Er hat kein Geld, keine mächtigen Freunde, die Welt ist
nicht gerecht. Da hörte Jurij Kasjanik im Dezember 2002 von einem            2.   Ersetzen Sie die Sätze durch die synonymischen aus dem Text.
Anwalt namens Jakimenko, Herausgeber der Zeitung «Nasch Kriminal»,           -    Wladislaw hatte keinen Wunsch, zur Schule zu gehen.
Kämpfer gegen Verbrechen und Ungerechtigkeit. Das Anwalts- und               -    Er bekam Lohn, als er in der Fabrik arbeitete.
Zeitungsbüro ist in der Galjenko-Straße 2.                                   -    Die Mutter kümmerte sich um ihre Kinder sehr.
       Jurij Kasjanik hat kein Telefon, aber zwei Füße. Er hatte keinen      -    Wladislaw wurde bestraft und das Schulhofkehren war seine
Termin, aber er kann warten.                                                      Aufgabe.
       Kasjanik wartete sechs Stunden, er betrachtete die weißen             -    Nach der Klage musste man das Geld (6200 Griwna) zahlen.
Telefone, er bewunderte die hübschen Sekretärinnen, die Bürostühle mit
ihren Rollen. Dann hatte der mächtige Anwalt Zeit für ihn. Und plötzlich     3. Sagen Sie, ob es richtig oder falsch ist.
ging alles ganz schnell.                                                     -  Die Kasjaniks haben ein hartes Leben, weil der Drogenkrieg in
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