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Die Öffnung der Oper für das einfache Volk im Lauf des 18.
Jahrhunderts zeigte schließlich eine durchaus volkstümliche Seite der
barocken Gattung. Parodierte Klassik gehörte ebenso hierher wie Pos-
sen, musikalische Schwänke und Singspiele, die schließlich in Mozarts
„Zauberflöte“ eingingen. Die Figur des Hanswurst, des Spaßmachers,
geschaffen von dem Volkskomödianten Josef Anton Stranitzky (1676-
1736) eroberte von Salzburg und Wien aus die Welt. Die populärste
Wiener Legendenfigur aber war „Der Liebe Augustin“, den man mit-
samt seinen Liedern für so unsterblich hielt, daß er selbst aus der Pest-
grube, in die er betrunken gefallen war, wieder unversehrt herausge-
kommen sein soll.
Die Zeit der Wiener Klassik
Joseph Haydn
– die entfesselte Phantasie.
Der erste Meister, der mit dem Begriff Wiener Klassik identifi-
ziert wird, ist der in Rohrau (Niederösterreich) 1732 geborene Joseph
Haydn (gest. 1809 in Wien). Aus kleinen Verhältnissen stammend, war
Haydn von 1766 bis 1790 fürstlicher Kapellmeister im Dienste der
Esterházys und galt im Alter als der berühmteste Komponist Europas.
Aus dem Geist der Kontrapunktik schritt Haydn in der musikalischen
Entwicklung fort und schuf eine Vielfalt von Strukturen, aus der sich
letztlich eine für die Formenlehre des 19. Jahrhunderts verbindliche So-
natenform sowie die Symphonie herauskristallisierten. 52 Klaviersona-
ten, 83 Streichquartette, in denen Haydn erstmals die völlige Gleichstel-
lung der vier ausführenden Instrumente gelang. 24 Klavier- und Orgel-
konzerte und über 100 Symphonien belegen diese Entwicklung. Uner-
schöpflich blieb Haydns Experimentierfreude, die nicht nur zukunfts-
weisende Kompositionstechniken brachte, sondern in oft schelmischer
Weise die Erwartungen des Hörers verblüfft. Die Triumphe von Haydns
Londoner Jahren (1790 bis 1793 und 1794 bis 1795), die großen Mes-
sen, die Popularität der wahrhaft „Volkshymne“ zu nennenden Kaiser-
hymne „Gott erhalle“ (1797), die Haydn zur Hebung des vaterländi-
schen Bewußtseins während der napoleonischen Kriege schuf, die
überwältigenden Erfolge der Oratorien „Die Schöpfung“ (1798) und
„Die Jahreszeiten“ (1801) bilden die Höhepunkte dieses Künstlerlebens.
Mozart und der um 24 Jahre ältere Haydn standen einander menschlich
und künstlerisch sehr nahe. Nachdrücklich trat der von seinem jungeren
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Freund liebevoll „Papa“ genannte für Mozart ein, der über das Werk
Haydns einmal folgendes sagte: „Keiner kann alles: schäkern und er-
schüttern. Lachen erregen und tiefe Rührung, und alles gleich gut als
Haydn.“ In tiefer Verehrung widmete Mozart seinem Freund, dessen
kammermusikalisches Schaffen er auch für sein eigenes als vorbildlich
ansah, sechs seiner berühmtesten Streichquartette in der Musiker-
Sprache Italienisch: „AI mio caro amico Haydn“.
Lange Zeit war Joseph Haydn „der am meisten vernachlässigte
große Komponist“ (H. C. Robbins Landon). Zu einem Wandel des
Haydn-Bildes trugen – neben einer wachsenden Zahl hervorragender
Einspielungen – die monumentale fünfbändige Haydn-Monographie
Landons, ein Bilddokumentenband des gleichen Autors und vor allem
auch die Arbeiten des „Joseph-Haydn-lnstitutes e. V.“ mit Sitz in Köln
bei, das die Aufgabe hat, für das Erscheinen der Gesamtausgabe die
Werke Haydns zu sorgen, die etwa 100 Bände umfassen wird und damit
eines der größten musikalischen Editionsvorhaben darstellt. Die Früh-
und Erstdrucke des Haydn-Forschers Anthony van Hoboken, Verfas-
ser des thematisch-bibliographischen Werkverzeichnisses zu Haydns
Schaffen (Mainz 1957, 1971 und 1978), gehören seit 1975 zum Bestand
der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Hobo-
ken-Sammlung).
1993 wurde in Eisenstadt (Burgenland), der jahrzehntelangen
Wirkungsstätte des Komponisten, die „Internationale loseph Haydn
Stiftung“ zu wissenschaftlichen Aufarbeitung des riesigen Lebenswer-
kes gegründet. Seit 1998 existieren auch ein großzügig gestaltetes
Haydn-Zentrum und ein singuläres Haydn-Museum, das ehemalige
Wohnhaus des Komponisten. Empfehlenswert ist auch ein Besuch in
Rohrauer Geburtshaus und im Wiener Wohnhaus in der Haydn-Gasse.
Die „Haydn-Festspiele“, jährlich im Schloß Esterházy von April bis
Mitte November, kulminieren in den „Haydn-Tagen“ (im September),
dem weltweit bedeutendsten Haydn-Festival, das auch mustergültige
Aufführungen lange unterschätzter Opern bringt. In Shido (Qapan), das
eine Städtepartnerschaft mit Eisenstadt verbindet, findet alle vier Jahre
mit Musikern der Eisenstädter Haydn-Festspiele ein Haydn-Festival
statt.
Josephs jüngerer Bruder Michael Haydn (1737–1806) wirkte als
angesehener Musiker am Salzburger Hof. Auf Veranlassung von Für-
Die Öffnung der Oper für das einfache Volk im Lauf des 18. Freund liebevoll „Papa“ genannte für Mozart ein, der über das Werk Jahrhunderts zeigte schließlich eine durchaus volkstümliche Seite der Haydns einmal folgendes sagte: „Keiner kann alles: schäkern und er- barocken Gattung. Parodierte Klassik gehörte ebenso hierher wie Pos- schüttern. Lachen erregen und tiefe Rührung, und alles gleich gut als sen, musikalische Schwänke und Singspiele, die schließlich in Mozarts Haydn.“ In tiefer Verehrung widmete Mozart seinem Freund, dessen „Zauberflöte“ eingingen. Die Figur des Hanswurst, des Spaßmachers, kammermusikalisches Schaffen er auch für sein eigenes als vorbildlich geschaffen von dem Volkskomödianten Josef Anton Stranitzky (1676- ansah, sechs seiner berühmtesten Streichquartette in der Musiker- 1736) eroberte von Salzburg und Wien aus die Welt. Die populärste Sprache Italienisch: „AI mio caro amico Haydn“. Wiener Legendenfigur aber war „Der Liebe Augustin“, den man mit- Lange Zeit war Joseph Haydn „der am meisten vernachlässigte samt seinen Liedern für so unsterblich hielt, daß er selbst aus der Pest- große Komponist“ (H. C. Robbins Landon). Zu einem Wandel des grube, in die er betrunken gefallen war, wieder unversehrt herausge- Haydn-Bildes trugen – neben einer wachsenden Zahl hervorragender kommen sein soll. Einspielungen – die monumentale fünfbändige Haydn-Monographie Landons, ein Bilddokumentenband des gleichen Autors und vor allem Die Zeit der Wiener Klassik auch die Arbeiten des „Joseph-Haydn-lnstitutes e. V.“ mit Sitz in Köln Joseph Haydn – die entfesselte Phantasie. bei, das die Aufgabe hat, für das Erscheinen der Gesamtausgabe die Der erste Meister, der mit dem Begriff Wiener Klassik identifi- Werke Haydns zu sorgen, die etwa 100 Bände umfassen wird und damit ziert wird, ist der in Rohrau (Niederösterreich) 1732 geborene Joseph eines der größten musikalischen Editionsvorhaben darstellt. Die Früh- Haydn (gest. 1809 in Wien). Aus kleinen Verhältnissen stammend, war und Erstdrucke des Haydn-Forschers Anthony van Hoboken, Verfas- Haydn von 1766 bis 1790 fürstlicher Kapellmeister im Dienste der ser des thematisch-bibliographischen Werkverzeichnisses zu Haydns Esterházys und galt im Alter als der berühmteste Komponist Europas. Schaffen (Mainz 1957, 1971 und 1978), gehören seit 1975 zum Bestand Aus dem Geist der Kontrapunktik schritt Haydn in der musikalischen der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Hobo- Entwicklung fort und schuf eine Vielfalt von Strukturen, aus der sich ken-Sammlung). letztlich eine für die Formenlehre des 19. Jahrhunderts verbindliche So- 1993 wurde in Eisenstadt (Burgenland), der jahrzehntelangen natenform sowie die Symphonie herauskristallisierten. 52 Klaviersona- Wirkungsstätte des Komponisten, die „Internationale loseph Haydn ten, 83 Streichquartette, in denen Haydn erstmals die völlige Gleichstel- Stiftung“ zu wissenschaftlichen Aufarbeitung des riesigen Lebenswer- lung der vier ausführenden Instrumente gelang. 24 Klavier- und Orgel- kes gegründet. Seit 1998 existieren auch ein großzügig gestaltetes konzerte und über 100 Symphonien belegen diese Entwicklung. Uner- Haydn-Zentrum und ein singuläres Haydn-Museum, das ehemalige schöpflich blieb Haydns Experimentierfreude, die nicht nur zukunfts- Wohnhaus des Komponisten. Empfehlenswert ist auch ein Besuch in weisende Kompositionstechniken brachte, sondern in oft schelmischer Rohrauer Geburtshaus und im Wiener Wohnhaus in der Haydn-Gasse. Weise die Erwartungen des Hörers verblüfft. Die Triumphe von Haydns Die „Haydn-Festspiele“, jährlich im Schloß Esterházy von April bis Londoner Jahren (1790 bis 1793 und 1794 bis 1795), die großen Mes- Mitte November, kulminieren in den „Haydn-Tagen“ (im September), sen, die Popularität der wahrhaft „Volkshymne“ zu nennenden Kaiser- dem weltweit bedeutendsten Haydn-Festival, das auch mustergültige hymne „Gott erhalle“ (1797), die Haydn zur Hebung des vaterländi- Aufführungen lange unterschätzter Opern bringt. In Shido (Qapan), das schen Bewußtseins während der napoleonischen Kriege schuf, die eine Städtepartnerschaft mit Eisenstadt verbindet, findet alle vier Jahre überwältigenden Erfolge der Oratorien „Die Schöpfung“ (1798) und mit Musikern der Eisenstädter Haydn-Festspiele ein Haydn-Festival „Die Jahreszeiten“ (1801) bilden die Höhepunkte dieses Künstlerlebens. statt. Mozart und der um 24 Jahre ältere Haydn standen einander menschlich Josephs jüngerer Bruder Michael Haydn (1737–1806) wirkte als und künstlerisch sehr nahe. Nachdrücklich trat der von seinem jungeren angesehener Musiker am Salzburger Hof. Auf Veranlassung von Für- 11 12
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